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Aus: Ausgabe vom 20.07.2024, Seite 8 / Ansichten

Faschistenversteher des Tages: El-Hotzo-Kritiker

Von Jakob Reimann
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Sebastian Hotz alias »El Hotzo«

Die Republik hat einen neuen Paria: Sebastian »El Hotzo« Hotz, Vollzeit-Internet-Troll ohne Herz für Faschisten. Kubicki möchte ihn gerne strafverfolgen. Tesla-Milliardär Elon Musk höchstpersönlich geht beim BRD-Kanzler petzen: Hier scheint etwas ganz, ganz Großes, ja gar Systemgefährdendes auf dem Spiel zu stehen. Es fing an mit geschmacklosen Witzchen nach dem Attentatsversuch auf den Rechtsaußenclown Donald Trump vor einer Woche. Dann legte Hotzo nach: »Ich finde es absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben.« In der BRD kommt das nicht gut an. Die ARD hat in letzter Sekunde eine lange für Donnerstag abend geplante Literaturveranstaltung mit Hotzo in Augsburg gecancelt, in vorauseilendem Gehorsam hatte der RBB ihn schon Anfang der Woche aus der Radiosendung »Theoretisch cool« verbannt, und das ZDF hat sich distanziert, obwohl er nicht einmal fürs Zweite arbeitet.

Dem zugrunde liegt das Bekenntnis an das Gewaltprimat des bürgerlichen Staates. Gewalt, so lernten wir dieser Tage von Ministerin Annalena Baerbock, dürfe schließlich »niemals zum Mittel der politischen Auseinandersetzung werden«. Für Gaza, Ukraine und das Mittelmeer zählt das freilich nicht, und mit Faschisten und Rechten – wie denen in Rom, Kairo oder Budapest – arbeiten wir zusammen im Krieg gegen Geflüchtete.

Den Vogel abgeschossen hat Martina Kix in ihrem Spiegel-Kommentar namens »Sorry Seems to Be the Hardest Word«. In dem legt sie Hotzo ernsthaft eine »aufrichtige Entschuldigung« nahe. Zu Kreuze kriechen bei Donald Trump also? Der deutsche Journalismus hat fertig. Denn dass Hotzo möglicherweise ja der Auffassung ist, sich überhaupt nicht entschuldigen zu müssen, kommt ihr wohl nicht in den Sinn – ebensowenig die Möglichkeit, dass manche Menschen tatsächlich der Auffassung sein könnten, tote Faschisten sind die besseren Faschisten.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Heinz Iwanow (26. Juli 2024 um 12:04 Uhr)
    Seit über einem halben Jahr bin ich Leser dieser Zeitschrift. Alles in allem bin ich mit dem Inhalt zufrieden. Vor allem solche Beiträge wie über das gescheiterte Hitler-Attentat ergänzen meine bisherigen Kenntnisse immer wieder. Aber eben wegen eines Artikels zu einem neuerlichen Attentat sehe ich mich zu deutlicher Kritik veranlasst. Gemeint ist der Artikel von Jakob Reimann über El-Hotzos Reaktion über das Attentat auf Donald Trump. Nun gehöre ich zu letzten, welche für Trump auch nur die geringste Sympathie empfinden. Alle Hoffnungen auf eine weniger aggressive USA unter seiner Führung sind wahrscheinlich auf Sand gebaut.
    Aber um auf den Punkt zu kommen: Meiner Meinung nach berechtigt jegliche Kritik an der Person Trump in absolut keiner Weise, Verständnis über das missglückte Attentat zu äußern. Im Gegenteil, solche Aktionen sind auf das schärfste zu verurteilen. Aus dieser Konsequenz kann man sich auch nicht derart verharmlosend und verständnisheischend vor El-Hotzo stellen, wie der Autor es getan hat. Nun mag sich die Redaktion der jungen Welt gesagt haben, dass die Zeitschrift für Meinungsvielfalt steht, aber dabei sollten bestimmte Grenzen nicht überschritten werden. Im übrigen geben Sie meiner Meinung nach mit der Veröffentlichung solcher Kommentare sowohl dem Verfassungsschutz als auch den Gerichten genau die Argumente in die Hand, die von dieser Seite genüsslich herangezogen werden.
  • Leserbrief von Bernd Kulawik aus Rostock (22. Juli 2024 um 12:34 Uhr)
    Ich hoffe, ich verstehe den letzten Satz nicht als klammheimliche Zustimmung des Autors zu »El Hotzo«. Als Nachkomme von Antifaschisten, die gegen Hitler ihr Leben riskiert haben, kann ich nicht glauben, dass ich hier Trump »verteidigen« muss – aber trotzdem nur zwei Dinge zum Bedenken: 1.) Trump entspricht in keinem Sinne einer der Faschismusdefinitionen, die einem jW-Autor geläufig sein sollten. Er ist sogar nicht nur kein Vertreter des Washingtoner »Establishments«, das der Definition Dimitroffs sehr gut entspricht, sondern wurde von diesem sogar nachweislich sabotiert bei seinem Versuch, Kriege zu beenden. Bekanntlich unterscheidet sich Dimitroffs Definition im Kern nicht einmal von derjenigen Mussolinis: Faschismus ist die Verschmelzung von Staat/Politik und Groß-/Finanzkapital. Was in beiden NICHT vorkommt, sind die ganzen »operettenhaften« Merkmale wie Uniformen, Aufmärsche, »Goebbels-Schnauze«, Gleichschaltung … das alles sind keine »Must-haves« aus Sicht beider Definitionen. Die offene (bei Dimitroff: terroristische) Herrschaft des Finanz-/Großkapitals schon. Aber was wussten die beiden schon über Faschismus, nicht wahr? Mussolini hatte den ja auch bloß »erfunden« … (Vor dem Hintergrund könnte man sich aber mal fragen, was es wohl für Deutschland bedeutet, wenn Friedrich »Blackrock« Merz Bundeskanzler werden sollte? Bzw. was es bedeutet, dass die offizielle deutsche Politik seit Jahrzehnten nur den obersten ein bis zehn Prozent zugutekommt? Ob die »zufällig« identisch mit den »Kapitaleigentümern« und deren »Funktionseliten« sind?) 2.) Kaum jemand (außer israelischen Ministern oder so) bezeichnet sich selbst als »Faschist«. D. h., die Bezeichnung ist i. d. R. eine Fremdzuschreibung. Wäre es dann gerechtfertigt, zu sagen und zu schreiben: »Nur ein toter El Hotzo ist ein guter El Hotzo, denn ich halte ihn für einen Faschisten«? (Selbst wenn er das obige Kriterium nicht erfüllt …) Möchte der Autor so bezeichnet und behandelt werden? Sicher nicht, oder? Also lieber: Vorsicht!
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Hans D. aus Berlin (21. Juli 2024 um 00:02 Uhr)
    Heute, am 20. Juli, wurde auf dem Berliner Bendlerblock von der deutschen politischen »Elite« derer gedacht, die einen Faschisten lieber tot sehen wollten. Wozu also der ganze Krawall?
  • Leserbrief von Sven Heinzl aus Bayern (20. Juli 2024 um 21:06 Uhr)
    Schwacher Artikel, der letztlich nur Gewalt verherrlicht! Was soll dieser Unsinn?
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Stephan K. aus Neumarkt i.d.OPf. (20. Juli 2024 um 17:20 Uhr)
    Wenn US-Geheim- und Sicherheitsdienste beim Schutz Trumps stümperhafter vorgehen, als eine anständige Kleinstadtpolizei das auf die Reihe kriegen würde …, Warnungen sogar in den Wind schreiben, dann freue ich mich bei einem misslungenen Attentat auf Trump nicht zusammen mit dem militärisch-industriellen Komplex über den Beinahetod von Faschisten. Möglicherweise sind die Faschisten ganz woanders zu suchen. Und fantastisch ist der Tod eines Menschen niemals.
  • Leserbrief von B.S. aus Ammerland (20. Juli 2024 um 13:50 Uhr)
    Wem Gott will rechte Gunst erweisen … den schickt er in die weite Welt? Wohl kaum. Den schickt er nach anglo-amerikanischen Vorstellungen und den der Jawoll-Patrioten der Ampel aufs mediale Schafott. El-Hotzo mag sein wie er will, seine Äußerung zum Attentat auf Trump ist geschmacklos ohne Frage. Aber warum nur muss die System-Journalie solch einen Aufriss machen? Wahrscheinlich wollte er sie vorführen … haben doch ganz andere Kaliber schon über das gewaltsame Ableben von Putin und Xi sinniert. Eines scheint aber reflexartig zu funktionieren. Die gesammelte Presse & Medienlandschaft - immer zu Spekulationen am rechten Ufer bemüht - schlägt die Hacken zusammen und schwenkt von der Verdammung Trumps ab. Kalte Füße im Hochsommer? Warten wir es einfach mal ab, was nach der Nominierung in den USA für ein weiterer Faschisten-Spuk herauskommt. Und eines ist bekannt, auch unter Trump ging die Unterstützung für den NATO-Clown & Diener seines Volkes, Selenskij, weiter. So viel Lüge sei gestattet … !
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Rainer Erich Kral aus Potsdam (20. Juli 2024 um 07:54 Uhr)
    Eine seltsame Wortmeldung. Grundsätzlich habe ich gelernt, dass es kein Mensch verdient hat, gewaltsam zu Tode zu kommen. Auch wenn ich keinerlei Sympathie und politisches Verständnis für die faschistische Ideologie habe. Dass der Aufschrei in der Politik und in den Medien über die Äußerungen des Herrn Hotz pure Heuchelei ist, versteht jeder, der gerade mit Übelkeit eine Einheitsfront aus rechten, ultrarechten und Faschisten im EU-Parlament zur Inthronisierung einer gewissen Dame aus Niedersachsen verfolgt hat.

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