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Aus: Ausgabe vom 20.07.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Verbraucherschutz ist Arbeitsschutz

Armani und Dior aufgeflogen

Italien: Kartellamt ermittelt gegen Modegiganten wegen falscher Angaben zu Produktionsbedingungen
Von Alex Favalli
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Produzenten von Luxusklamotten sollen gegen das Verbraucherschutzgesetz verstoßen haben (Paris, 21.6.2024)

Das italienische Kartellamt ermittelt seit Mittwoch gegen die Modegiganten Armani und Dior. Ihnen wird vorgeworfen, mit ihrer Werbung und beim Verkauf von Luxusklamotten gegen das Verbraucherschutzgesetz verstoßen zu haben. Denn sie werben mit ethischen und sozialen Leitlinien, die sie bei der Herstellung keineswegs einhalten. Am Dienstag hatten Beamte mit Unterstützung der Sondereinheit für Kartellrecht der Finanzpolizei in den Mailänder Geschäftsräumen von Giorgio Armani S. p. A. sowie den Büros der Christian Dior Italia S. r. l. Beweise für die Untersuchung gesammelt.

Nach Angaben der Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde beschäftigen die Unternehmen in der Produktion teilweise Arbeiter, die unzureichend bezahlt werden. Außerdem würden die Arbeitszeiten über die gesetzlichen Grenzen hinausgehen und die Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen nicht eingehalten. Die Behörde geht davon aus, dass die Unternehmen »insbesondere in bezug auf die Arbeitsbedingungen und die Achtung der Legalität bei ihren Zulieferern« unwahre Angaben gemacht haben.

Bereits zuvor hatten die Staatsanwaltschaft und das Gericht von Mailand Maßnahmen eingeleitet. Sowohl Dior als auch Armani hätten die Produktion an Zulieferer vergeben, die jedoch nicht in der Lage gewesen seien, selbst zu produzieren, so die Staatsanwaltschaft. Die Zulieferer hätten die Produktion ihrerseits dann an Subunternehmen vergeben, die sich des Caporalato, ein System der Anwerbung von Schwarzarbeitern, schuldig gemacht hätten.

Zwischen April und Juni 2024 stellte das Gericht Mailand die Armani-Operations-Gruppe und Manufactures Dior unter gerichtliche Aufsicht. Dabei wurden mehrere chinesische Produktionsfirmen, die in Italien ansässig sind und Luxusgüter für Dior und Armani herstellen, unter Zwangsverwaltung gestellt. Die Staatsanwälte hatten den Unternehmen vorgeworfen, ihre Beschäftigten systematisch zu misshandeln.

»Die Verbraucher, die Produkte der beiden Modegiganten kaufen, geben erhebliche Summen aus, um Kleidung, Schuhe und Accessoires zu erwerben, die auf dem Papier für hervorragende Qualität und Verarbeitung stehen sollten«, schrieb die Organisation für Verbraucherschutz Codacons am Mittwoch in einem Pressestatement. »Die Vorwürfe der Kartellbehörde scheinen jedoch das Gegenteil zu beweisen, denn sie heben hervor, dass die Produkte aus Labors stammen, in denen Arbeiter mit unangemessenen Löhnen, Arbeitszeiten jenseits der gesetzlichen Grenzen und unzureichenden Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen beschäftigt sind.« Diese Faktoren würden die »sehr hohen Preise, die die beiden Marken in Rechnung stellen, nicht im geringsten rechtfertigen und den Verbrauchern eindeutig schaden«. Laut Codacons würde deshalb auch ein deutliches Ungleichgewicht zwischen den Einnahmen der beiden Moderiesen und den Löhnen der ausgebeuteten und unterbezahlten Arbeiter entstehen.

Der Präsident von Federmoda, Giulio Felloni, schlug am Mittwoch Alarm: »Dies könnte sicherlich einen Kaskadeneffekt von den Unternehmen bis hin zum Endverbraucher auslösen«, erklärte er der Zeitung La Stampa. Laut Felloni, dessen Verband das »Made in Italy« vertritt, sei es heute eine echte »Notwendigkeit« für die Unternehmen, »ethisch vertretbare Produkte zu liefern, sowohl in bezug auf den Inhalt als auch auf die Verarbeitung«, denn es sei »die Kundschaft, die diesen Mehrwert verlangt«.

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