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Aus: Ausgabe vom 23.07.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Wirtschaftspolitik

China für China

Reaktionen der deutschen Industrie auf Beschlüsse des 3. Plenums des ZK der KPCh
Von Jörg Kronauer
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»Komplette Konzentration«: Fabrik der Jiangling Group Electric Vehicle (JMEV) in Nanchang (22.5.2024)

Mit zweierlei Reaktionen, einer direkten und einer indirekten, haben deutsche Unternehmen zu Wochenbeginn auf die Beschlüsse des 3. Plenums des 20. ZK der KP Chinas reagiert. Die direkte Reaktion fasste am Montag exemplarisch Maximilian Butek zusammen; Butek ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Ostchina. »Der Befreiungsschlag ist ausgeblieben«, äußerte Butek mit Blick auf die Tatsache, dass konkrete Schritte zur Konjunkturförderung im Abschlusskommuniqué des Plenums vom Donnerstag vergangener Woche noch nicht angekündigt worden waren. Man habe sich solche Schritte ebenso erhofft wie neue Maßnahmen zur Marktöffnung und bessere Chancen für auswärtige Unternehmen. Statt dessen stehe man nun einer Politik gegenüber, »die im Zeichen von Kontinuität steht«, und bewege sich in einem Marktumfeld, das sich »in absehbarer Zeit kaum verbessern« werde, urteilte Butek. Dass die Volksrepublik ihre Wirtschaftspolitik weiter auf die Stärkung der Unternehmen im eigenen Land ausrichte, sei ungünstig für deutsche Firmen: Sie würden tendenziell an den Rand gedrängt.

Buteks Reaktion gleicht derjenigen, die in den vergangenen Tagen in Wirtschaftskreisen im Westen immer wieder zu hören war: Zuwenig Konkretes habe das 3. Plenum beschlossen, keine Sofortprogramme zur Förderung der Indus­trie in Aussicht gestellt. Demgegenüber wenden auch im Westen tätige Experten immer wieder ein, das sei überhaupt nicht das Ziel des Plenums gewesen, das nur einmal alle fünf Jahre zusammenkommt und nicht etwa für akute Rettungsprogramme, sondern für langfristige Weichenstellungen für die Wirtschaft der Volksrepublik zuständig ist. Lizzi C. Lee vom Center for China Analysis am Asia Society Policy Policy Institute in New York etwa wies am Wochenende geduldig darauf hin, das Abschlusskommuniqué des 3. Plenums lege lediglich Grundzüge fest; laut Angaben aus Beijing sei ein Gesamtprogramm mit mehr als 300 spezifischen Reformmaßnahmen in Arbeit, das in den kommenden Tagen, Wochen und vielleicht sogar Monaten Stück um Stück bekanntgegeben und umgesetzt werde. Lee stufte das Kommuniqué als ehrgeizig und sogar zu raschem Vorgehen mahnend ein.

Eine rasche und schon kurzfristig wirksame Maßnahme gab am Montag die Zentralbank der Volksrepublik bekannt: Sie senkte die Leitzinsen. Den wichtigsten Zinssatz (Loan Prime Rate), den einjährigen Kreditzins, auf dem die meisten Kredite beruhen – insbesondere auch Verbraucherkredite –, reduzierte sie von 3,45 auf 3,35 Prozent. Den fünfjährigen Kreditzins wiederum, der vor allem für die Baufinanzierung Bedeutung besitzt, senkte sie von 3,95 auf 3,85 Prozent. Damit soll die Wirtschaft angekurbelt werden. Die Maßnahme sei »ein unerwarteter Schritt«, urteilte etwa der China-Chefvolkswirt des Finanzkonzerns Macquarie aus Australien, Larry Hu, der – wie eine Reihe von Finanzexperten – fest damit gerechnet hatte, Chinas Zentralbank werde mit der Maßnahme die Senkung der US-Leitzinsen abwarten, die Beobachter frühestens im September erwarten.

Eine Art indirekte Reaktion auf die Beschlüsse des 3. Plenums kam, wenn auch wohl kein direkter Zusammenhang besteht, von Volkswagen. Das Abschlusskommuniqué des Plenums ließ keinen Zweifel daran, dass Beijing wegen des eskalierenden westlichen Wirtschaftskriegs alles daran setzen wird, seine Hightechindustrie unabhängig vom Ausland zu entwickeln – so komplett wie möglich im eigenen Land. Deutsche Unternehmen, die sich darauf einlassen, profitieren davon. Ein Beispiel bietet VW. Der Konzern teilte am Montag mit, er werde gemeinsam mit Xpeng, einem der führenden chinesischen Elektroautohersteller, eine Plattform entwickeln, auf der ab dem Jahr 2026 alle in China gefertigten VW basieren sollen. Die Plattform werde deutlich weniger Steuergeräte benötigen und damit umfangreiche Kostensenkungen ermöglichen. Der China-Chef von Volkswagen, Ralf Brandstätter, nannte den Schritt einen »Meilenstein« – und zwar in der »China for China«-Strategie des Konzerns, die in Einklang mit den Plänen Beijings die komplette Konzentration von Entwicklung und Produktion in der Volksrepublik vorsieht.

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