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Aus: Ausgabe vom 24.07.2024, Seite 5 / Inland
Arbeitsbedingungen in Kitas

Eltern sollen zahlen

Entwurf für Kitaqualitätsgesetz: Bundesmittel nicht zur Senkung von Gebühren, sondern für Personalgewinnung. Unklar, wo das zu finden ist
Von Gudrun Giese
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Die Kitagebühren sollen künftig nicht mehr durch Bundesmittel gesenkt werden dürfen

Das Bundesfamilienministerium wird Kindertagesstätten weiter mit zwei Milliarden Euro jährlich fördern. Das Geld darf künftig nicht mehr verwendet werden, um die Kitagebühren zu senken. Zum 1. Januar 2025 soll das novellierte Kitaqualitätsgesetz nach den Vorstellungen von Ministerin Elisabeth Paus (Bündnis 90/Die Grünen) in Kraft treten. Sie möchte die jährlich für die Kitas bereitstehenden zwei Milliarden Euro in die Personalausstattung der Einrichtungen fließen lassen, geht aus einem Papier hervor, das dpa am Dienstag vorlag. Das bisherige Kitaqualitätsgesetz billigte den Bundesländern zu, bis zu 49 Prozent der Bundesmittel zur Senkung oder Abschaffung der Kitagebühren einzusetzen.

Nach Inkrafttreten des Gesetzes und einer halbjährigen Übergangsfrist soll das nicht mehr möglich sein. Der Entwurf wird derzeit im Bundeskabinett beraten und soll in den kommenden Wochen abgestimmt werden. Bisher nutzten sechs der 16 Bundesländer einen Teil der Mittel aus diesem Topf, um Kitabeiträge zu senken. Berlin, wo bisher die Kindertagesbetreuung bis auf einen Grundbetrag sowie anlassbezogene Zuzahlungen gratis ist, nutzt die Bundesmittel nicht, sondern greift dafür auf den Landesetat zurück. Angesichts der aktuellen »Sparzwänge« wird die kostenlose Kita für alle Kinder in Berlin derzeit in Frage gestellt, etwa vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegener (CDU).

Im Bundesfamilienministerium gehe man davon aus, dass die Änderung im Kitaqualitätsgesetz keine Erhöhung der Gebühren nach sich ziehen werde, da die Länder weiterhin aus Landesmitteln die Entlastung von Eltern mit niedrigeren Einkommen finanzieren könnten. Mit den zwei Milliarden Euro, die jährlich aus dem Bundeshaushalt an die Kitas gehen, möchte Paus in Zukunft vornehmlich die Qualität der Einrichtungen fördern. Dabei führe kein Weg an der Gewinnung und Sicherung qualifizierten Fachpersonals vorbei. Die Bundesländer sollen verpflichtet werden, das Geld in mindestens eine entsprechende Maßnahme zu investieren, hieß es.

Eine Förderung der frühen Bildung sei »zentral für den Bildungserfolg und Chancengerechtigkeit unserer Kinder«, sagte Paus gegenüber dpa. Die Bundesregierung wolle in allen Ländern »gleichwertige Standards in allen Kitas« erreichen. Offen bleibt dabei, woher das zusätzliche Fachpersonal kommen soll. Bis 2030 würden 50.000 bis 90.000 Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas fehlen, hatte die Ministerin kürzlich festgestellt. Im aktuellen Kitabericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes ist sogar von 125.000 fehlenden Fachkräften die Rede. Vorschläge für die zusätzliche Personalgewinnung gibt es indes nicht.

Im Alltag kommt ein weiteres Problem hinzu, wie eine Anfang Juli präsentierte Studie belegt, die im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung erarbeitet wurde. Danach sind die Bedingungen für den Nachwuchs dort am schlechtesten, wo der größte Förderbedarf besteht. Kämen in eine Kita besonders viele Mädchen und Jungen aus ärmeren Familien, seien die Gruppen größer. Außerdem hätten in diesen Einrichtungen mehr Kinder einen Förderbedarf, seien behindert, hätten nicht Deutsch als Familiensprache oder einen Fluchthintergrund. Die Kitas müssten diese Mehrbelastungen oft mit weniger Personal bewältigen, bemerkte der Münchner Merkur am 17. Juli.

»Der aktuelle Status quo benachteiligt diejenigen in der Gesellschaft, die am meisten Unterstützung brauchen«, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Erik von Malottki dem Merkur. Gerade die Einrichtungen mit viel Förderbedarf müssten gestärkt werden, wurde auch Niels Espenhorst, Kitareferent beim Paritätischen Gesamtverband, zitiert. »Die Kinder sind wie sie sind, das System ist das Problem.« Die Studienautoren Daniela Menzel und Andy Schieler empfehlen, dass die zuständigen Träger und Behörden die Zusammensetzung der Gruppen steuern. Zudem sollten in Kitas mit größeren Herausforderungen die Arbeitsbedingungen besonders attraktiv gestaltet werden, um zufriedene Fachkräfte zu haben.

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