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Aus: Ausgabe vom 24.07.2024, Seite 7 / Ausland
Italien

Totschlag durch Schiffbruch

Italien: Beamte nach Bootsunfall angeklagt
Von Mawuena Martens
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Einsatzkräfte bei der Suche nach Vermissten (Steccato di Cutro, 28.2.2023)

»Diese 98 Toten hätten verhindert werden können.« Zu diesem Schluss sind die Ermittler des Schiffbruchs von Cutro mit Abschluss ihrer Untersuchungen am Dienstag gekommen. Auch gegen vier Beamte der italienischen Finanzpolizei sowie zwei der Küstenwache erhob die Staatsanwaltschaft der kalabrischen Provinz Crotone Anklage. Der Vorwurf: mehrfacher Totschlag sowie Totschlag durch Schiffbruch.

Demnach war die Küstenwache in den frühen Morgenstunden des 26. Februar 2023 untätig geblieben, habe die Suche nach dem Flüchtlingsboot trotz schweren Seegangs der Finanzpolizei überlassen. Diese wiederum hatte der Küstenwache – so die Ermittler laut Corriere della Sera – mitgeteilt, dass ein Patrouillenboot etwa zwei bis drei Meilen vor der Küste auf das Flüchtlingsboot gewartet habe, während es in Wirklichkeit zum Tanken in den Hafen zurückgekehrt sei. Wie dpa berichtete, sollen bei der Küstenwache später die Logbücher gefälscht worden sein.

Das Boot mit mehr als 150 Menschen an Bord war in der Türkei gestartet, um Asylsuchende über das Mittelmeer nach Süditalien zu bringen. Nach Berichten von Überlebenden kenterte das völlig überladene Schiff dann bei einem abrupten Wendemanöver, als die Küste bereits in Sichtweite war. Signale von örtlichen Fischern mit ihren Lampen waren von den Menschen an Bord wohl fälschlicherweise als Warnsignale der Küstenwache interpretiert worden. Mehr als 90 Menschen kamen ums Leben, rund 30 davon Kinder. Viele weitere Menschen werden weiterhin vermisst.

Ein Schlepper aus der Türkei wurde wegen der Katastrophe bereits zu 20 Jahren verurteilt. Drei weiteren mutmaßlichen Schleppern soll ebenfalls der Prozess gemacht werden. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte die Tragödie zum Anlass genommen, um Strafen für angebliche Schlepper und deren Hintermänner drastisch zu verschärfen.

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