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Aus: Ausgabe vom 25.07.2024, Seite 5 / Inland
Industriepolitik

Bosch kauft ein

Stuttgarter Mischkonzern übernimmt US-Klimatechnikfirma. Weiterer Jobverlust befürchtet
Von Oliver Rast
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Milliardendeal eingefädelt: Schwäbischer Mischkonzern will ganz weit nach vorne bei Klimaanlagen und Heizdecken (Renningen, 18.4.2024)

Es hatte sich abgezeichnet. Nun ist klar: Bosch kauft kräftig, übernimmt das Klimaanlagen- und Heizungsbusiness des US-Unternehmens Johnson Controls International (JCI), berichtete das Handelsblatt in seiner Mittwochausgabe. Dazu das Klimatechnik-Joint Venture von JCI mit dem japanischen Konzern Hitachi.

Gesellschafter und Aufsichtsrat von Bosch hätten der Transaktion zugestimmt. Beide Parteien unterzeichneten eine verbindliche Vereinbarung. Und in etwa zwölf Monaten soll die Übernahme vollzogen sein – vorausgesetzt, Kartellbehörden schießen nicht quer. Die Stuttgarter legen dem Handelsblatt zufolge für das Übernahmepaket 8,1 Milliarden US-Dollar (rund 7,4 Milliarden Euro) hin. Ein Rekorddeal. Niemals zuvor haben die Bosch-Bosse so viel Finanzmittel lockergemacht.

Mittel, die woher kommen? »Aus eigener Kraft«, wurde Bosch-CEO Stefan Hartung am Dienstag auf der Homepage vom Manager-Magazin zitiert. 6,7 Milliarden Dollar des Kaufpreises gingen demnach an Johnson Controls, der Rest an Hitachi. Die Zukäufe will das Management in die Sparte Bosch Home Comfort integrieren. Der weltweit größte Automobilzulieferer will damit sein Portfolio erweitern, weniger abhängig von der kriselnden Branche der Verbrenner und Stromer werden, als Toptechnologiekonzern firmieren. Zumal der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatisierungsmarkt »zukunftsträchtig« sei, wähnt Hartung.

Das von Bosch zugekaufte JCI-Geschäftsfeld verzeichnete im vergangenen Jahr einen Umsatz von zirka vier Milliarden Euro und hat rund 12.000 Beschäftigte. Damit werde Bosch Home Comfort seinen Umsatz auf neun Milliarden Euro und 26.000 Beschäftigte nahezu verdoppeln, weiß das Manager-Magazin. »Dies sind rund zehn Prozent des Konzernumsatzes von Bosch.« Und die Einkaufstour dürfte noch nicht beendet sein. Im Juni war Folgendes bekanntgeworden: Bosch checke eine Akquisition des US-Hausgeräteherstellers Whirlpool aus Michigan, bekannt für seine cleveren Küchenmaschinen. Apparaturen, die alles können (Teig kneten, Gemüse pürieren, Nüsse häckseln), nichts mehr extra benötigen (Nudelholz, Schneebesen, Vierkantreibe).

Abseits des Equipments der Kochstube: Bosch reagiere auf den ganz großen Wandel, die Wendezeit in der Heiztechnik, sagen Boschs Bosse, etwa Christian Fischer, Hartungs Vize. Öl- und Gasheizkessel seien Auslaufmodelle, auf Geheiß politisch Verantwortlicher. Wärmepumpen hingegen heiß im Trend – und dicke Wolldecken in der kalten Jahreszeit.

Zugleich setzt Bosch auf weitere Anlagen wegen eines weiteren Wandels, sprich Klimaanlagen gegen Klimawandel. »Wir rechnen damit, dass der globale Markt für Heizungs-, Lüftungs- und Klimatisierungslösungen bis 2030 um 40 Prozent wachsen wird«, hofft Fischer. Besonders letzterer Bereich scheint nachfragebedingt lukrativ. In den USA erwarte Bosch bis 2030 ein Wachstum von mehr als 50 Prozent und in Europa von rund 30 Prozent. »Wir investieren also in einen Markt voller Chancen«, so Fischer.

Chancen für wen? Gute Frage. Die Führungsetage von Bosch hatte Anfang des Jahres verkündet, weltweit 7.000 Arbeitsplätze vernichten zu wollen; primär im automobilen Sektor, primär im Stammland Baden-Württemberg. Betriebsrat und IG Metall intervenierten, 25.000 Bosch-Beschäftigte protestierten im März gegen Stellenstreichungen. Bundesweit. Ein Thema für CEO Hartung? Gute Frage. Erst jüngst meinte er in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: »Dass es keinen weiteren Handlungsbedarf gibt, kann niemand mit Sicherheit sagen.« Was zeichnet sich ab? Klar: Jobverluste nach Großeinkauf.

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