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Aus: Ausgabe vom 26.07.2024, Seite 1 / Inland
Pressefreiheit

Fall Compact vor Gericht

Klage gegen Verbot des rechten Magazins beschäftigt Bundesverwaltungsgericht
Von Nico Popp
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Polizisten bei einer Durchsuchung im Zusammenhang mit dem Compact-Verbot im brandenburgischen Falkensee (16.7.2024)

Das Verbot des rechten Magazins Compact wird juristisch angefochten. Am Mittwoch abend gingen beim Bundesverwaltungsgericht in der Sache sowohl eine Klage als auch ein Eilantrag ein, teilte ein Sprecher des Gerichts am Donnerstag mit. Nach Informationen des Portals Legal Tribune Online wurden die Schriftsätze von einem »mehr als zehnköpfigen Anwaltsteam« vorbereitet. Das Gericht wird vor allem prüfen müssen, ob das Verbot vor dem Hintergrund der im Artikel 5 des Grundgesetzes garantierten Meinungs- und Pressefreiheit Bestand haben kann. Sollte das Gericht zugunsten des Bundesinnenministeriums entscheiden, bliebe den Klägern der Gang vor das Bundesverfassungsgericht.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am 16. Juli die Compact-Magazin GmbH sowie die Conspect Film GmbH verboten. Die Zeitschrift als solche, die seit 2010 erschien und zuletzt eine monatliche Auflage von etwa 40.000 Exemplaren gehabt haben soll, wurde indirekt verboten, indem der Compact-Magazin GmbH die Fortführung ihrer bisherigen Tätigkeit untersagt wurde. Rechtlich handelt es sich um ein Vereinsverbot. Um die Unternehmen nach Vereinsrecht verbieten zu können, wurden sie zu Organisationen erklärt, die verfassungsfeindliche Ziele in die Tat umsetzen wollen. Mit dem Verbot der Compact-Magazin GmbH sind auch der Verkauf vorhandener Ausgaben des Magazins sowie der Betrieb einschlägiger Internetseiten und Benutzerkonten in sozialen Netzwerken untersagt worden.

Faesers Verbotsentscheidung wurde vielfach kritisiert – etwa dahingehend, dass hier das Vereinsrecht als Hilfskonstruktion für einen Eingriff in die Pressefreiheit missbraucht werde. Presserecht sei zudem Ländersache. Der Verband der Zeitschriftenverleger betonte in einer Stellungnahme, dass die Grenzen der Pressefreiheit nicht politisch definiert werden dürften, sondern durch das Strafrecht geregelt seien: »Ein Verstoß gegen Strafgesetze wurde von der Innenministerin nicht vorgetragen.« Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) nannte für den Fall, dass das Verbot gekippt wird, den Rücktritt von Faeser »unvermeidlich«.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Ronald Prang aus Berlin (25. Juli 2024 um 21:20 Uhr)
    Da steht nun das Innenministerium vor einem juristischen Scherbenhaufen, die Meinungs- und Pressefreiheit ist ein durch das GG verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht. So weh es auch tut, das gilt auch für das rechtsextreme Magazin. Das ist ja genau das Problem einer Demokratie, man kann sie mit demokratischen Mitteln beseitigen. Es mag dem kundigen Beobachter komisch erscheinen, dass man ausgerechnet ein »rechtes Magazin« verbietet und die JW »nur« beobachtet. Die Herrschaften der SPD wissen genau, was sie tun, sie spielen uns wieder einmal ihre »Hufeisentheorie« vor. Sie wollen sich als Antifaschisten aufspielen und wissen genau, dass sie damit die echten Antifaschisten, die den Kapitalismus als Ursache und Nährboden jeder rechten Ideologie bloßstellen, das Alleinstellungsmerkmal nehmen. Es ist das ökonomische System des Kapitalismus, das immer wieder die Demokratie in Frage stellt, Maximalprofit erreicht man nur in einer rechten Diktatur. … und wer legt das immer wieder offen? Zum Beispiel die junge Welt, und deshalb wird sie beobachtet, deshalb wird ihr ökonomischer Schaden zugefügt. Sie wissen genau, dass jeder Linke sich für die Demokratie einsetzt, sie wissen aber auch, dass wir die Ursachen der Demokratiefeindlichkeit des ökonomischen Systems des Kapitalismus anprangern. Die Gleichsetzung von Demokratie und Kapitalismus lässt sich heute nicht mehr durchsetzen. Heute ist auch dem letzten ehemaligen DDR-Bürger klar, er wollte Demokratie und bekam Kapitalismus. ... und bevor das auch noch die ehemaligen BRD-Bürger merken, muss der VS die JW bespitzeln. Das ökonomische System des Kapitalismus und Demokratie sind antagonistische Widersprüche. Egoismus und Gier, als Triebkräfte des kapitalistischen Wirtschaftssystems, schränken jede Demokratie ein. Die Junge Welt legt das in jeder Nummer offen, und ihre Gegner haben die ökonomische Macht. Wen wundert es da, dass sie die auch nutzen?