Ausgebeutet auf der Straße
Von Kristian StemmlerOb auf Baustellen, in der Pflege, in Fleischfabriken oder bei der Kartoffelernte – in all diesen Bereichen kommt es besonders häufig zu schwerer Arbeitsausbeutung. Ausländische Beschäftigte schuften für Hungerlöhne, oft zwölf Stunden am Tag, werden massiv unter Druck gesetzt. Wenn ihnen gekündigt wird oder sie sich selbst aus dem ausbeuterischen Arbeitsverhältnis befreien, brauchen sie schnell eine sichere Unterkunft, um nicht auf der Straße zu landen. Doch an Schutzunterkünften für die Betroffenen mangelt es in der BRD. Darauf hat am Donnerstag die Berichterstattungsstelle Menschenhandel des Deutschen Instituts für Menschenrechte aufmerksam gemacht.
Bei einer Pressekonferenz stellte die Einrichtung eine Studie mit dem Titel: »Ein bisschen sicherer als auf der Straße – Unterkünfte für Betroffene von Arbeitsausbeutung« vor. Die Analyse, die am Montag – dem »Welttag gegen Menschenhandel« – veröffentlicht werden soll, befasst sich mit der Lage von Betroffenen, die das Umfeld der Ausbeutung verlassen haben. Sie seien oft in Gefahr, obdachlos zu werden, erklärte Naile Tanış, Leiterin der Berichterstattungsstelle. Sie verwies auf die Europaratskonvention, die im April 2013 in Deutschland in Kraft getreten sei und den Rang eines Bundesgesetzes habe. Danach sei der Staat verpflichtet, für alle Betroffenen von Menschenhandel »eine angemessene und sichere Unterkunft zu gewährleisten und entsprechende Hilfe bereitzustellen«.
Die Studie habe nun aber ergeben, dass es »grundsätzlich an angemessenen und sicheren Unterkünften« für Menschen fehle, die von Arbeitsausbeutung betroffen sind. Das führe in einzelnen Fällen dazu, dass die Betroffenen in Unterkünften für Geflüchtete oder Obdachlose untergebracht würden. Diese seien aber für diese besonders vulnerable Gruppe nicht geeignet, könnten weder die nötige Sicherheit noch eine angemessene Beratung und Betreuung gewährleisten. Die Expertin forderte, »dass Schutzunterkünfte flächendeckend in Deutschland für alle Zielgruppen bereitgestellt und vorgehalten werden«.
»Es kann und darf nicht sein, dass Menschen, die hier in Deutschland ausgebeutet worden sind und sich an Behörden oder Fachberatungsstellen wenden, oder sich selbst als Betroffene identifizieren, nicht von den Tätern geschützt untergebracht und stabilisiert werden können«, so Tanış. »Bund, Länder und Kommunen müssten ein System schaffen, das eine sichere und angemessene Unterkunft gewährleistet.« Dafür brauche es »Geld, Personal, eine enge Kooperation zwischen Behörden und Beratungsstellen sowie Mindeststandards für die Unterkünfte«.
Der Forderung nach mehr Schutzunterkünften schloss sich Pagonis Pagonakis an, Bereichsleiter beim Projekt Arbeit und Leben des DGB und der Volkshochschulen NRW. Er berichtete von einem polnischen Paar, das bei einer Leiharbeitsfirma anfing. Die Firma wies dem Paar ein zwei mal vier Meter großes Zimmer als Unterkunft zu, für das sie pro Person 560 Euro zahlen sollten. Das Paar lehnte ab. Für ein größeres Zimmer sollte es 300 Euro in bar zahlen, weigerte sich erneut. Daraufhin wurde der Arbeiter von zwei Männern zusammengeschlagen. Nach Behandlung in der Klinik landete das Paar in einer Notunterkunft und kehrte später nach Polen zurück.
Der Mann sei prinzipiell bereit gewesen, gegen die Täter auszusagen, erklärte Pagonakis. Aber nach der Rückkehr in die Heimat sei der Kontakt zu ihm nach einiger Zeit abgebrochen. So laufe es leider oft, was die Strafverfolgung in diesem Bereich erschwere, so der Experte. Die Zahl der Verfahren sei vermutlich nur deshalb so niedrig, weil es häufig nicht dazu komme, dass Betroffene aussagten. Wenn mehr Betroffene in geschützten Unterkünften in Deutschland untergebracht würden, könne das die Kooperation mit den Behörden erheblich verbessern, so Pagonakis.
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