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Aus: Ausgabe vom 26.07.2024, Seite 8 / Ansichten

Riesenstaatsmann des Tages: Marcus Faber

Von Arnold Schölzel
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So sehen Weltkriegssieger aus (vielleicht): Marcus Faber (FDP)

Am 12. Juni stolperte der FDP-Bundestagsabgeordnete aus Stendal in Sachsen-Anhalt in den Vorsitz des Verteidigungsausschusses: Acht Gegenstimmen und zwei Enthaltungen bei 33 abgegebenen Stimmen sind bei einem ausgekungelten Posten peinlich. Faber macht die Schlappe wett, indem er Amtsvorgängerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann mit Vorschlägen zur Auslösung des nächsten Weltkrieges fast täglich überbietet. Am Donnerstag verkündete er zum Beispiel im ZDF-»Morgenmagazin«: »Man muss mit Herrn Putin verhandeln, vor dem internationalen Strafgerichtshof.« Mit dessen Nachfolger könne »man dann auch über eine Friedensordnung in Europa verhandeln«. Denn Faber hat den Sieg mit der baldigen Stationierung neuer US-Waffen in der Bundesrepublik in der Tasche und schlug damit gewissermaßen seinen Kontrahenten Sebastian Walter (Die Linke Brandenburg) k. o., der Putin ebenso wie der FDP-Altmärker für einen »Kriegsverbrecher« hält, aber mit dem Scheusal verhandeln will. Wer wie Faber wegen Weltmachtwahn ständig einen in der Krone hat, der wedelt solche Provinzfigur (»Ich bin Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, im Landtag Brandenburg gibt es meines Wissens keinen.«) einfach weg.

Aber auch Faber lässt nach. Der Mann zeigt normalerweise gerne Waffen und künftige Siege vor. Besucher seines Berliner Abgeordnetenbüros treffen laut verschiedenen Medien u. a. auf ein Bild, das Putin in Handschellen zeigt, auf Reste einer abgeschossenen russischen Rakete, einer iranischen Drohne und einen ukrainischen Morgenstern. Auf X postete Faber im September 2023 Fotos, die ukrainische Mörsergranaten mit seiner Unterschrift zeigten – ein würdiger Nachfolger des 2003 aus einem Flugzeug gefallenen FDP-Kriegsfachmanns Jürgen Möllemann. Der selige Franz Josef Strauß hatte in dem schon 1983 einen »Riesenstaatsmann« erkannt.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Rainer Erich Kral aus Potsdam (26. Juli 2024 um 11:38 Uhr)
    Die angeblich liberale FDP entpuppt sich als Hort von militanten Kriegstreibern. Man dachte eigentlich, die Vorgängerin im Amt, die Lobbyistin Strack-Zimmermann, sei in ihren militaristischen Tiraden und ihrem pathologischen Russenhass nicht zu überbieten. Man hat sich getäuscht. Die FDP, nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um ehemaligen NSDAP-Mitgliedern und Hitlers Wehrmachtsangehörigen eine politische Heimat zu geben, hat immer noch jemanden in der Hinterhand, der bei der Erringung der Pole-Position der Kriegstreiber in diesem Land sehr gute Karten hat.

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