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Aus: Ausgabe vom 26.07.2024, Seite 10 / Feuilleton
Heavy Metal

Der freie Wille

Unsung Heroes (26): Mad Max
Von Frank Schäfer
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Immer noch munter: Mad Max (Weert, 2012)

Die Münsteraner Mad Max sind erstaunlich ambitioniert. 1980 vom Gitarristen Jürgen Breforth gegründet, finden sich mit Frontman Andreas Baesler, Willi Schneider an der zweiten Gitarre, dem Bassisten Thomas Hoffmann und Uwe Starck am Schlagzeug schnell Leute, die den neuen Sound aus England als dringlichen Auftrag zum Mitmachen verstehen. Bereits im Jahr darauf erscheint beim Lüneburger Bonsai-Label Unit Art Records die Vier-Track-EP »In Concert«. Das ist wohl vor allem eine akustische Visitenkarte, um besser Konzerte akquirieren zu können, aber die scheint sich auszuzahlen, denn im Jahr darauf nehmen sie auf eigene Kosten ihr Debütalbum auf und lassen davon auch gleich ein paar tausend Exemplare pressen.

»Heavy Metal« (1982) verkauft sich zunächst so gut, dass der frisch gegründete Indie Roof Music aufmerksam wird und eine zweite Auflage herausbringt, mit schlimm gezeichnetem Cover, dafür ohne Titel. Doch Freunde, Verwandte und die lokale Szene haben schon ein Exemplar, und so liegt »Mad Max« jetzt erst mal in den Regalen. Desillusionierung macht sich breit, schließlich schmeißt Sänger Baesler hin, um sich seiner bürgerlichen Karriere zu widmen – aus ihm wird schließlich ein erfolgreicher Theaterregisseur.

Mit dem Einstieg von Michael Voss wird die Musik schöner, das junge niederländische Label Roadrunner klopft an und baut Mad Max sukzessive als eine Alternative zu Dokken und Europe auf, entsprechend gut geföhnt sehen sie jetzt aus. Der ganz große Durchbruch bleibt ihnen allerdings verwehrt, sie hätten in die Geschichte eingehen können, als die ersten Hair-Metaller aus Deutschland mit einem Major-Deal, aber der kommt dann nicht zustande, weil Roadrunner sich querstellt und sie anschließend sogar vom Hof jagt. Mad Max lösen sich danach erst mal auf. Die für das Genre schwierigen Neunziger überleben Breforth und Voss in alternativen Bands, ehe sie 2005 wieder gemeinsame Sache machen und ganz plötzlich ihren Glauben entdecken. Die damalige Tour mit den White-Metal-Ministranten Stryper habe sie bekehrt, lässt man verlauten. Vielleicht ist es auch nur die Möglichkeit, den »Gläubischen« (Wiglaf Droste) das Geld aus der Tasche zu ziehen, denn als Steamhammer ihnen in den Zehnerjahren einen Deal anbietet unter der Bedingung, dass sie zurückkehren zu ihren hedonistischen und sehr weltlichen Achtzigern, empfinden sie das auch nicht gerade als Sakrileg.

Man kann ja mal einen Moment darüber nachsinnen, was ihnen passiert wäre, wenn ein Intellektueller wie Andreas Baesler die Geschicke der Band weiter mitbestimmt hätte. Eine White-Metal-Phase sicher nicht. Das Debüt jedenfalls ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Zum einen zeigt es, wie gut ein selbstfinanziertes und in einem deutschen Provinzstudio produziertes Album 1982 bereits klingen konnte. Zum anderen stellt es den kompositorischen und spieltechnischen Status quo des German Metal exemplarisch unter Beweis. So sehr Mad Max hier auch von Bands der New Wave of British Heavy Metal beeinflusst sind und Samson, Praying Mantis oder Tygers of Pan Tang anklingen lassen, für eine Eigenproduktion klingt das Album erstaunlich reif. Auch Baesler hat Potential, er besitzt eine recht eigenwillige, wiedererkennbare Stimme und ein Gefühl dafür, wie man die Wörter passgenau auf die Riffs nagelt. All das zeigt am besten der Opener »Free Will«, dessen hoppelndes Signature-Riff natürlich von Iron Maiden beeinflusst ist, aber seinerseits als Inspiration für »The Evil That Men Do« Maidens 1988er Album »The Seventh Son of the Seventh Son« durchgehen kann. Die wird vermutlich nicht nötig gewesen sein, aber die Ähnlichkeit ist dennoch frappant.

Mad Max: »Heavy Metal« (Roof Music)

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