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Aus: Ausgabe vom 29.07.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
US-China Business Council

Am Tropf des Rivalen

US-Wirtschaftsdelegation in Beijing lotet mit hochrangigen Politikern Perspektiven des US-China-Geschäfts aus
Von Jörg Kronauer
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Chinas Außenminister Wang Yi (3. v. r.) im Gespräch mit US-Wirtschaftsdelegation (3. v. l.: Roberta Lipson von Chindex, 4. v. l.: Fedex-CEO Raj Subramaniam) am 22. Juli 2024 in Beijing

Der US-China Business Council (USCBC) hat eine bewegte Woche hinter sich. Die private Lobbyorganisation, die nach Eigenangaben die Interessen von 270 in China tätigen US-Unternehmen vertritt, führte vergangene Woche eine Delegation von US-Managern in der Volksrepublik an. Es galt, die soeben gefassten Beschlüsse des dritten Plenums des 20. Zentralkomitees der KP Chinas zu verstehen und klarzuziehen, was die weitreichenden Weichenstellungen nun im Detail für ihr Geschäft bedeuten.

Sie trafen hochrangige Regierungsmitglieder, darunter den stellvertretenden Ministerpräsidenten He Lifeng, Außenminister Wang Yi und Handelsminister Wang Wentao. Am Freitag hielt der USCBC in Beijing zudem die diesjährige China Operations Conference ab, seine jährlich stattfindende Tagung, auf der er sich im Gespräch mit Insidern über Lage und Entwicklung der Wirtschaft in China austauscht. Und auch wenn es nicht offiziell auf dem Programm stand: Ein Thema werden während der gesamten Woche sicherlich auch die Perspektiven für das US-China-Geschäft unter einer etwaigen zweiten Präsidentschaft von Donald Trump gewesen sein.

Für US-Unternehmen, die in China tätig sind, steht sowohl bei den Reformen des dritten Plenums als auch bei den Strafzöllen und den Sanktionen der US-Administration äußerst viel auf dem Spiel. Das liegt nicht nur an ihrem immer noch sehr umfangreichen Handel mit der Volksrepublik; im vergangenen Jahr verkauften US-Unternehmen Waren im Wert von 148 Milliarden US-Dollar nach China und führten Waren im Wert von fast 427 Milliarden US-Dollar von dort ein.

Die 500 größten börsennotierten US-Konzerne erwirtschafteten zuletzt 7,1 Prozent ihres globalen Umsatzes in der Volksrepublik – mehr als in jedem anderen Land jenseits des Heimatmarkts; auf Platz zwei folgte Japan mit 2,6 Prozent. Der Umsatz, den alle US-Unternehmen zusammengenommen in China erzielten, belief sich 2021 laut offiziellen Angaben auf mehr als 471 Milliarden US-Dollar. Für einzelne Konzerne geht es um erhebliche Geschäftsanteile: Der US-Chipkonzern Nvidia etwa setzte zuletzt 16,6 Prozent seiner Waren in China ab; bei Apple werden Anteile von gut 20 Prozent genannt; Halbleiterhersteller Intel erzielt sogar über ein Viertel seines Gesamtumsatzes in der Volksrepublik.

Umgekehrt steht auch für Beijing sehr viel auf dem Spiel. Wer hohe Gewinne aus dem China-Geschäft zieht oder inzwischen sogar auf sie angewiesen ist, versucht aus simplem materiellem Eigeninteresse immer wieder, Strafzölle und Sanktionen zu bremsen oder wenigstens individuell zu umgehen. Das trägt dazu bei, den Wirtschaftskrieg der US-Administration gegen die Volksrepublik ein wenig zu dämpfen. Der USCBC gehört zu den Organisationen, die regelmäßig bemüht sind, das ­China-Geschäft von US-Unternehmen zu verteidigen.

Pressure groups wie die neokonservative Foundation for Defense of Democracies attackieren den USCBC immer wieder als eine Organisation, die als Instrument zur Vertretung chinesischer Interessen in den USA diene. Dass die US-Wirtschaftsdelegation in der vergangenen Woche in Beijing von Spitzenpolitikern empfangen wurde, liegt ebenso darin begründet wie die Tatsache, dass China hohen Wert darauf legt, für auswärtiges Kapital weiter offen zu sein. Zu der US-Delegation, die sich dies jetzt in der chinesischen Hauptstadt bestätigen ließ, gehörten Spitzenmanager etwa von Goldman Sachs, Fedex, Apple und dem Halbleiterhersteller Micron.

Die Stimmung muss wohl ziemlich ernst gewesen sein. Chinas Politik gegenüber den USA sei stets darauf orientiert, »Stabilität und Kontinuität« zu wahren, stellte Außenminister Wang im Gespräch mit der US-Wirtschaftsdelegation fest. Umgekehrt habe die Volksrepublik aber auch »Interessen, die gewahrt, Prinzipien, die verteidigt, und Untergrenzen, die eingehalten werden« müssten. Die Konsequenzen von Konflikten, gar von Konfrontationen zwischen China und den USA seien für alle »untragbar«. Er hoffe, so schloss Wang, der USCBC werde »seine Verbindungen und seinen Einfluss« in Washington nutzen.

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