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Aus: Ausgabe vom 29.07.2024, Seite 11 / Sport
Olympiatelegramm

Auftakt

Von Jürgen Roth
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»Das hier ist für unseren ästhetischen und hygienischen Blick!« – Alexander Bommes

Ich sitze vor dem »Seven ­Bistro«. Auf der anderen Straßenseite sind zwölf Schaukästen mit milchigen Scheiben aufgestellt. Im zweiten von links – »SPD Sozialdemokratische Partei« – hängt seit Wochen ein rotes Plakat, auf dem in weißen Lettern steht: »Deine Stimme gegen Hass und Hetze – SPD«. Das fällt ihnen zur Politik ein.

Ich gehe ein paar Meter die Straße hinauf, zum Stammtisch beim Willy. Der Gefängnispfarrer Hans zitiert aus den »Tischreden« von Luther. Ich weise ihn darauf hin, was für eine antisemitische Drecksau der Vater der Reformation gewesen ist. Er gibt mir recht.

Ich muss zum Abort und komme in der Lounge an einem Fernseher vorbei. Aus dem ruft – es bleibt einem in dieser Welt, die eine Medienwelt ist, nichts erspart – der überzeitliche Alexandrinus Bommes, der vor der Eröffnungsfeier an der Seine herumkaspert, heraus: »Das hier ist für unseren ästhetischen und hygienischen Blick!«

»Ja, das ist die neue Zeit des Journalismus«, sagt Sigi Heinrich, das alte Schlachtross von Eurosport, später, wieder zu Hause, während der endlosen, mit ekligem Revolutionskitsch gespickten Zeremonie auf einem dämlichen Fluss. »Das ist ein Geist, der immer wieder aufsteht«, der olympische Spirit, jawoll, man kriegt ihn in die Flasche nicht mehr rein, und die Franzosen wollen laut Heinrich auf Deubel komm raus »ihr Frankreich-Tum pflegen«, sie sollen’s probieren.

In der ARD kommentiert indessen der Sandsack Tom Bar­tels: »Das ist ja nass da, wo sie performen.« Der Auftakt ist bereits wieder das Ende, die neue, die hohe Zeit des Journalismus.

Wie pflegte mein Frankfurter Studienkamerad Christoph W. zu sagen? »Alle Menschen werden müder.«

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

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