Die Konkurrenz schläft nicht
Von Burkhard IlschnerNach dem Besuch Annalena Baerbocks beim Terminalbetreiber des Hamburger Hafens, der HHLA, berichtete Reuters am Freitag, die grüne Bundesaußenministerin habe »mit Blick auf Akteure wie China und Russland einen energischeren Schutz der kritischen Infrastruktur angemahnt«. Im Kontext »chinesischer Investitionen in deutsche Infrastruktur« soll auch von der Cosco-Beteiligung am kleinsten HHLA-Terminal Tollerort die Rede gewesen sein. Dass Baerbock bei dieser Gelegenheit die geplante Fusion des Gesamtkonzerns HHLA mit der Schweizer Reederei MSC kritisiert hätte, war dem Bericht nicht zu entnehmen: Dieses weitaus schwerer wiegende Vorhaben trifft in Hamburg bekanntlich auf Widerstand – aber es wird von allen mitregierenden Parteifreunden Baerbocks befürwortet.
Auch das momentan an der Elbe kursierende Gerücht einer Kooperation des HHLA-Konkurrenten Eurogate mit der französischen Reederei CMA CGM scheint der Außenministerin keine Erwähnung Wert gewesen zu sein: Der NDR hatte am vergangenen Donnerstag davon berichtet. Eurogate strebt seit langem eine Erweiterung seines Terminals im Stadtteil Waltershof an und will diesen Plan laut NDR vielleicht gemeinsam mit den Franzosen umsetzen. Während die HHLA mit Tollerort, Altenwerder und Burchardkai drei Terminals betreibt, hat Eurogate in Hamburg bislang nur diesen einen.
Um dessen sogenannte Westerweiterung wird seit Jahrzehnten gestritten: Die Kaje auf der südwestlichen Seite des Waltershofer Hafenbeckens – gegenüber liegt ein Teil des Burchardkais – soll nach Nordwesten verlängert werden. Nach Verfüllung des ehemaligen Petroleumhafens soll die Kaje auf einer Länge von rund 1.000 Metern erst bis zur Elbe und dann gen Westen entlang deren Bubendeyufers ausgebaut werden. Damit verbunden wäre ein Schritt, der die konkurrierende HHLA für den Plan einnehmen soll: Der zwischen Bubendeyufer, Oevelgönne und Burchardkai liegende Großschiffdrehkreis auf der Elbe soll von 480 auf 600 Meter erweitert werden.
Im Spätsommer 2009 waren die Planfeststellungsunterlagen öffentlich ausgelegt worden, Ende 2016 erging der Planfeststellungsbeschluss. Es gab heftigen Widerstand, mehrere Klagen scheiterten. Im letzten Verfahren wies das Oberverwaltungsgericht vor drei Jahren Einwände gegen die Bedarfsprognose abschließend zurück. Rechtlich steht dem Ausbau nach Ansicht der Planer somit nichts mehr im Wege. Allerdings wird es bis zur konkreten Umsetzung noch einige Jahre dauern; derweil könnte sich der Trend schrumpfender Umschlagszahlen fortsetzen – wie lange die Bedarfsprognose aufrechtzuerhalten sein wird, bleibt abzuwarten.
Der Terminalbetreiber Eurogate mit Stammsitz Bremen gehört zu gleichen Teilen der überwiegend staatlichen Bremer BLG Logistics Group und dem Hamburger Familienunternehmen Eurokai. Er betreibt Terminals nicht nur in Hamburg, sondern auch in Bremerhaven, Wilhelmshaven, in Italien, Marokko, Zypern und demnächst in Ägypten. Anders als bei der geplanten Fusion von HHLA und MSC, bei der den Genfern weitgehende Eigentümerrechte zugestanden werden sollen, setzt Eurogate bislang vorzugsweise auf sogenannte Joint Ventures, terminal-bezogene Betreibergesellschaften.
Ein Beispiel wäre der Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port (JWP) in Wilhelmshaven. An dem ist nach dem Mærsk-Ausstieg nun Hapag-Lloyd mit 30 Prozent derart beteiligt. In Bremerhaven gibt es vergleichbare »Töchter« zwar sowohl mit MSC als auch mit Mærsk – sie betreffen aber jeweils nur Abschnitte der dortigen, rund fünf Kilometer langen Stromkaje: Der mit den Dänen betriebene North Sea Terminal (NTB) misst 1.800 Meter, mit den Schweizern wird das 1.220 Meter lange MSC Gate gemanagt.
Eine radikale Änderung dieser Art von Kooperation wäre für ein Unternehmen wie Eurogate ungewöhnlich. Der Konzern hat die Hamburger Kooperation mit CMA CGM bislang nicht bestätigt. Folgen für die Arbeitsplätze oder die weitere Entwicklung des Hamburger Hafens sind deshalb noch nicht absehbar.
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