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Aus: Ausgabe vom 30.07.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Vermögensverteilung in GB

Wo Labour Geld holen kann

Großbritannien: Enormer Zuwachs bei passiven Vermögen, aber kaum Besteuerung
Von Susanne Knütter
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Will alles ein bisschen anders machen als seine Vorgänger: Keir Starmer (bei der Eröffnung von Olympia in Paris)

Ein Gutteil Show ist wohl dabei: Die neue Labour-Regierung in London entdeckt eine Lücke von mindestens 20 Milliarden Pfund in den britischen Staatsfinanzen und schimpft auf die Vorgängerregierung der Tories. Aus diesem Anlass erinnerte der britische Sender ITV am Sonntag an Warnungen des Institute for Fiscal Studies (IFS). Bereits vor Monaten habe dieses darauf hingewiesen, dass die bestehenden Ausgabenpläne über den kommenden März hinaus unglaubwürdig seien. Und während des Wahlkampfs habe das IFS die Parteien beschuldigt, sich nicht mit der »Notwendigkeit erheblicher Kürzungen und Steuererhöhungen« auseinandergesetzt zu haben. Dafür wird nach den Wahlen bekanntlich um so mehr darüber geredet.

Der Guardian überlegte bereits, an welche Infrastrukturprojekte Labour die Axt anlegen wird: Der neue Gesundheitsminister Wes Streeting habe bereits gesagt, es sei »schmerzlich klar«, dass das von Boris Johnson ins Leben gerufene Vorzeigeprogramm der Konservativen für neue Krankenhäuser im Wert von 20 Milliarden Pfund bis 2030 nicht realisierbar sein werde. Ebenso könnten laut den Tories bereits finanzierte Vorhaben zur Wiedererrichtung von 23 Eisenbahnstrecken, die den Kürzungen der 1960er Jahre zum Opfer gefallen waren, zurückgeschraubt werden.

Dabei gebe es durchaus Möglichkeiten für die Regierung, an Geld zu kommen. Wenn Finanzministerin Rachel Reeves die »unverdienten Vermögensgewinne« anzapfen würde, könnte die Regierung »drastische Kürzungen bei einigen öffentlichen Dienstleistungen vermeiden« und ihre Zusage einhalten, die »Einkommenssteuersätze nicht zu erhöhen«, heißt es in einer am Sonntag veröffentlichten Studie des Thinktanks »Resolution Foundation«. Allein Reformen der Kapitalertragssteuer und der Erbschaftssteuer könnten demnach zusammen fast zehn Milliarden Pfund einbringen.

Die privaten Vermögen werden der Studie zufolge im ersten Quartal schätzungsweise das Sechsfache des britischen Bruttosozialprodukts (630 Prozent) betragen und 50 Prozent höher sein als bei der letzten Labour-Regierung im Jahr 1997 (410 Prozent). Die Hauptursache für den enormen Anstieg des Wohlstands seien allerdings »unverdiente passive Gewinne«. Heute verfügten die Familien im obersten Zehntel der Vermögensverteilung im Durchschnitt über ein um 1,3 Millionen Pfund höheres Vermögen pro Erwachsenem als die Familien in der Mitte (fünftes Dezil). Aber trotz des Vermögenszuwachses hätten sich die Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern kaum verändert und lägen nach wie vor bei etwa drei Prozent des BIP.

Dem gegenüber stehen ein klammer öffentlicher Dienst und eine steigende Zahl an Privathaushalten, die unter der Lebenshaltungskrise infolge 22prozentiger Preissteigerungen innerhalb von nur zwei Jahren leiden. Im Juni gaben drei von zehn Briten (27 Prozent) an, dass ihr Haushalt nicht in der Lage sei, eine unerwartete Rechnung von 850 Pfund zu bewältigen.

Insbesondere die Erbschaftssteuer und die Kapitalertragssteuer sind dem Bericht zufolge bisher schlecht auf die Besteuerung von Vermögen ausgelegt. So gibt es bei ersterer viele großzügige Erleichterungen. Mit dem Effekt, dass die sehr Wohlhabenden oft einen niedrigen effektiven Steuersatz zahlen. Die Abschaffung oder auch nur Einschränkung dieser Vergünstigungen würde bis zu zwei Milliarden Pfund pro Jahr einbringen. Eine Angleichung der Kapitalertragssteuersätze auf Aktien an den Steuersatz auf Dividenden könnte sogar bis zu 7,5 Milliarden Pfund pro Jahr einbringen.

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