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Aus: Ausgabe vom 30.07.2024, Seite 10 / Feuilleton
Olympia-Telegram

Schweigen und schießen

Von Jürgen Roth
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»Sollten Sie Ihre Lebensmitte verloren haben – versuchen Sie es mit Bogenschießen« – Heiko Klasen

Ich sitze vor dem »Seven ­Bistro«. Der Große Malaka hat schlechte Laune. Er schweigt und stiert auf sein Smartphone.

Ich gehe rein. Auf dem Riesenbildschirm über dem Tresen läuft Skateboarding. Zwanghaft honigkuchenpferdlich grienende Mädchen, die allesamt 14 sind (ist das nicht Kinderarbeit?), hüpfen auf Hindernisse (Geländer und ähnliches) und rutschen auf ihnen runter. Dann gibt es irgendwelche Punkte, und seltsame Wörter, die ich noch nie gehört habe, entfleuchen dem Munde der Kommentatorin, deren Namen ich mir partout nicht merken mag.

»Was ist denn das?« frage ich die zwei Bölkbrüder, die Whisky mit Bacardi saufen. »Eine Scheiße ist das!« faucht der eine. »Ich fordere, dass sie die olympische Disziplin Müllabfuhr einführen!«

Ja, das wäre durchaus »ein Trend Richtung Positivismus« (Volker Grube, ZDF-Schwimmkommentator), zumal im Sinne von Karl Kraus, der sich immer wieder lobend über die Straßenkehrer geäußert hat.

Am Vormittag hatte der heillos liebe, umstandslos frohe Plapperautomat und Breitgrinser Jochen Breyer (ZDF) die Frage gestellt: »Was ist mehr Olympia als Bogenschießen?«

Man würd’s gern wissen. Der diesbezügliche Fachmann am Mikrofon, Heiko Klasen, beendete hernach seine Übertragung immerhin mit dem Tip: »Sollten Sie Ihre Lebensmitte verloren haben – versuchen Sie es mit Bogenschießen.«

Ich sag’s bei Gelegenheit dem Großen Malaka.

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