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Aus: Ausgabe vom 01.08.2024, Seite 6 / Ausland
Sri Lanka

Wankelmut in Colombo

Präsidentenwahl in Sri Lanka: Größte Partei SLPP verweigert Amtsinhaber die erwartete Unterstützung
Von Thomas Berger
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Der Wahlkampf macht sich bereits bemerkbar (Colombo, 31.7.2024)

Inzwischen hat die Wahlkommission den Termin bekanntgegeben: Am 21. September werden die etwa 17 Millionen Wahlberechtigten in Sri Lanka über einen neuen Präsidenten abstimmen. Amtsinhaber Ranil Wickremesinghe war der erste Kandidat, der offiziell seinen Hut in den Ring geworfen hat. Er hatte mit Mehrheitsentscheidung des Parlaments 2022 als damaliger Regierungschef das Amt für den Rest der ablaufenden Legislaturperiode übernommen. Der Grund: Der Rücktritt des Präsidenten Gotabaya Rajapaksa. Der Wahlsieger von 2019 war von einer Protestbewegung nach wochenlangen Demonstrationen und schließlich der Erstürmung seiner Residenz, was zu seiner kurzzeitigen Flucht ins Ausland führte, zum Abdanken gezwungen worden. Drei Monate zuvor hatte der Inselstaat seine Zahlungsunfähigkeit erklärt, nachdem die Devisenreserven auf ein Minimum gefallen waren.

Vor allem die traditionellen Eliten des Landes und Gläubiger halten Wickremesinghe zugute, die schlimmste Wirtschafts- und Finanzkrise seit der Unabhängigkeit weitgehend beendet zu haben. Tatsächlich läuft das wirtschaftliche Alltagsleben inzwischen wieder relativ normal, die zeitweise über 70 Prozent liegende Inflation ist auf beinahe unglaubliche 1,7 Prozent (Stand Juni) gedrückt worden. Unter anderem eine Finanzspritze des IWF in Höhe von 2,9 Milliarden Dollar hatte zu der Stabilisierung geführt. Sri Lanka kann so wieder pünktlich ältere Kreditschulden bezahlen, ist dadurch jedoch noch weiter in die Abhängigkeit internationaler Geldgeber geraten. Die ökonomische Krise vor zwei Jahren hatte tiefgreifende Verwerfungen zur Folge, und Erfolge in der Armutsbekämpfung wurden zunichtegemacht.

Inzwischen gilt Wickremesinghe als ähnlich unbeliebt wie einst Gotabaya Rajapaksa. Der einflussreiche Rajapaksa-Clan kontrolliert die Sri Lanka Podujana Peramuna (SLPP). Die Partei ist derzeit stärkste Kraft im Parlament und bisher die wichtigste Stütze für Wickremesinghe. Der Amtsinhaber und Vorsitzende der United National Party (UNP), der jedoch nominell als unabhängiger Kandidat antritt, hatte sich offenbar darauf verlassen, dass die SLPP auch bei der Wahl hinter ihm stehen würde. Noch am Sonntag hatte er sich mit Expräsident Mahinda Rajapaksa, dem älteren Bruder Gotabayas und Oberhaupt des Familienclans, zum Gespräch getroffen, wie einheimische Medien meldeten. Der Paukenschlag folgte tags darauf, als sich die SLPP-Parteispitze mehrheitlich dazu entschied, einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Frühestens in ein paar Tagen soll klar sein, wer das sein wird. Dass die Entscheidungsfindung nicht leicht sein wird, zeichnet sich ab, denn mehrere Abgeordnete der Partei stellten sich hinter Ranil Wickremesinghe. Die Meldefrist bei der Wahlkommission läuft bis 15. August.

Ebenfalls am Montag hatte der bisherige Justizminister Wijeyedasa Rajapakshe seinen Rücktritt erklärt, um in den Präsidentschaftswahlkampf einzutreten. Er gehört der früher längere Zeit dominierenden, inzwischen aber nur noch ein Schattendasein fristenden und in zwei Fraktionen gespaltenen sozialliberalen Sri Lanka Freiheitspartei (SLFP) an, die viele Mitglieder an die SLPP verloren hatte. Ebenfalls erwartet wird, dass der Chef der bisher größten Oppositionspartei Samagi Jana Balawegaya (SJB), Sajith Premadasa, erneut antritt – er war es, der 2019 Gotabaya Rajapaksa unterlag. Auch Feldmarschall Sarath Fonseka ist in jedem Fall im Rennen: Der frühere Armeechef ist zwar ebenfalls Mitglied der Oppositionspartei, hat sich aber deutlich von der Parteispitze entfernt. Alle diese Männer gehören zum »Establishment«. Allein Wickremesinghe war sechsmal Premier.

Frischen Wind würde lediglich Anura Kumara Dissanayake versprechen. Er ist Fraktionsvorsitzender der marxistisch-linksnationalistischen Partei JVP, die zwar lediglich drei Parlamentsmandate hat, laut der jüngsten Meinungsumfrage mit ihrem Bündnis NPP aber auf Zustimmungsrate von 34 Prozent kommen könnte. Damit ist sie gleichauf mit der SJB, während die SLFP nur noch auf 13, die UNP nur noch auf sechs Prozent käme.

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