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Aus: Ausgabe vom 02.08.2024, Seite 1 / Inland
Bundeshaushalt

»Schuldenbremse« kippt Haushaltsentwurf

Beirat des Finanzministeriums äußert »erhebliche« Zweifel an Kompromiss des Bundeskabinetts
Von David Maiwald
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Bundeskanzler Olaf Scholz (M.), Wirtschaftsminsiter Robert Habeck (l.) und Finanzminister Christian Lindner hatten in kleinen Runden über die Einigung gefeilscht

Der Haushaltskompromiss der Ampelkoalition nimmt Verfassungsbruch in Kauf. Aber nicht, weil er unsozial ist. Der wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums habe bezüglich der Haushaltsplanung der Koalition »erhebliche Zweifel« an »allen« erhobenen Maßnahmen, berichtete das Handelsblatt am Donnerstag mit Verweis auf ein Schreiben des Gremiums. Einer von drei »führenden« Regierungsvertretern hatte der Zeitung demnach berichtet, die in der Einigung formulierten Vorschläge zur Schließung der Finanzierungslücke von 17 Milliarden Euro würden »so nicht klappen«. Schon einige Wochen vor der selbstgesetzten Prüfungsfrist macht die für die Regierung unvermeidliche »Schuldenbremse« dem »Haushaltskompromiss« einen Strich durch die Rechnung.

Der Plan der Ampelspitzen, Aufwendungen für die Deutsche Bahn sowie die Autobahn GmbH als Darlehen zu vergeben, könnte laut Handelsblatt in sich zusammenfallen. Denn die »Schuldenbremse« ist nur eingehalten, wenn die Kredite auch wieder an den Bund zurückgeführt werden. Im Falle der Autobahn GmbH war das von vornherein fraglich, da sie bis auf die im »Finanzierungskreislauf Straße« gebundenen Mauteinnahmen über keinerlei Einnahmequelle verfügt. »Verfassungsrechtliche Probleme« macht hier nun auch der von Finanzminister Christian Lindner (FDP) beauftragte Beirat bei seiner Prüfung aus.

»Erhebliche verfassungsrechtliche Risiken« sieht der Beirat dem Bericht zufolge auch beim Vorhaben, Liquiditätsüberschüsse der Förderbank KfW für den Haushalt zu vereinnahmen. Dabei würden »aus Notlagenkrediten stammende Mittel« aufgewendet, so die Kritik. Der Plan, die als »globale Minderausgabe« geplante Finanzlücke von 17 Milliarden Euro auf neun Milliarden zu verringern, könne »keinesfalls« gelingen. »Einer der Regierungsvertreter« sehe »allenfalls ein Drittel (…) realistisch«. Schon die Planung der Minderausgaben hätte die Ministerien angetrieben, bei den Ausgaben zu sparen. Nun sind erneut »Nachverhandlungen« die Folge. Weitere Kürzungen also: diesmal vielleicht ohne Verfassungsgericht.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Gabriel T. aus Berlin (2. August 2024 um 12:10 Uhr)
    Na ja, die Steuererleichterungen für Reiche sind durch, alles weitere ist Lindner egal, wiedergewählt wird er eh nicht mehr. Wahrscheinlich ist der neue Job auch schon in trockenen Tüchern. Wenn man dieser Regierung ein Dritte-Welt-Niveau bescheinigt, beleidigt man die dritte Welt.