»Außergewöhnliches Niveau an Union-Busting«
Von Hendrik PachingerWarum ist die Position für die Servicebeschäftigten an der Uniklinik Erlangen soviel schlechter als an benachbarten großen und ebenfalls öffentlichen Kliniken Fürth und Nürnberg?
In diesen beiden kommunalen Kliniken konnten die Beschäftigten in längeren Auseinandersetzungen ihre Wiedereingliederung in die Mutterhäuser durchsetzen und werden endlich wieder nach dem darin geltenden Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) bezahlt. Am Uniklinikum Erlangen, das dem Freistaat Bayern untersteht, sind die Servicekräfte weiterhin ausgelagert in der Klinik Service GmbH Erlangen (KSG) und werden nur in Anlehnung an den Branchenmindestlohn Gebäudereinigung entlohnt. Viele müssen Zweit- oder Drittjobs annehmen, um irgendwie über die Runden zu kommen und ihre Familien versorgen zu können. Nach jahrelanger Vollzeitarbeit in einem öffentlichen Krankenhaus droht die Altersarmut. Durch die Auslagerung in eigene Servicegesellschaften sparen die Kliniken doppelt: Dumpinglöhne für die Beschäftigten, aber ohne die bei Fremdvergaben nötige Bezahlung der Mehrwertsteuer. Dabei ist die Arbeit der Servicebeschäftigten unverzichtbar für die Sicherstellung der Patientenversorgung. Wir vertreten die Position »Ein Betrieb – eine Belegschaft« und fordern daher, dass alle Beschäftigten, die für das Uniklinikum arbeiten, auch entsprechend bezahlt werden.
Anstelle von Tarifverhandlungen wird von Schikanen berichtet. Welchen Vergeltungsmaßnahmen sind die Kollegen ausgesetzt?
Seit Monaten verweigert die KSG jegliche Verhandlungen. Während sich in einer Urabstimmung 81,1 Prozent für einen unbefristeten Ausstand ausgesprochen haben, hat die Geschäftsführung mehrfach erfolglos versucht, den Streik mit Unterstützung der berüchtigten Kanzlei »Schreiner & Partner« gerichtlich untersagen zu lassen. Generell wird ein Klima der Angst geschürt und ein gerade in einer öffentlichen Einrichtung wirklich außergewöhnliches Niveau an Union-Busting betrieben. Insgesamt zehn streikenden Beschäftigten wurde in offensichtlich rechtswidriger Weise fristlos gekündigt. Andere wurden abgemahnt oder versetzt. Streikende werden schikanösen Kontrollen und Benachteiligungen ausgesetzt, Nichtstreikende mit kleinen Vorteilen belohnt. Streikenden werden attraktivere Schichten mit Zuschlägen genommen. Durch die willkürliche Bestrafung einzelner versucht der Arbeitgeber andere von der Wahrnehmung ihrer Rechte abzuhalten. Die meisten sind Frauen mit Migrationshintergrund, deren prekäre Lage schamlos ausgenutzt wird. Das Uniklinikum Erlangen und der Freistaat Bayern tragen die politische Verantwortung für dieses skandalöse Vorgehen.
Andere Kliniken machen es vor und gliedern als Ergebnis des Kampfes der Belegschaften Servicegesellschaften wieder ein oder schließen zumindest Tarifverträge ab. Wie ist die Stimmung vor Ort?
Gemeinsam mit den Beschäftigten in Erlangen haben auch die Servicekräfte an den Unikliniken in Regensburg und Würzburg die Arbeit niedergelegt. In Regensburg war die Streikbeteiligung am stärksten. Nach mehreren Wochen Arbeitskampf fanden dort Tarifverhandlungen statt, die zu einem Haustarifvertrag zur Angleichung an den Tarifvertrag der Länder führen. Das unterstreicht, dass Beschäftigte dazu in der Lage sind, durch Streikbeteiligung und Geschlossenheit deutliche Lohnsteigerungen durchzusetzen. Wir fordern von den Arbeitgebern in Erlangen und Würzburg, dem Beispiel Regensburg zu folgen und endlich an den Verhandlungstisch zu kommen und auf die legitimen Forderungen ihrer Beschäftigten einzugehen. Die Streikenden trotzen seit Monaten den massiven Einschüchterungsversuchen. Hier ist eine starke Gemeinschaft entstanden, die gemeinsam für ihre Rechte eintritt und dafür auch Solidarität aus Zivilgesellschaft und Kommunalpolitik erhält.
Martin Schmalzbauer ist Verdi-Fachsekretär für die Universitätskliniken in Bayern
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