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Aus: Ausgabe vom 05.08.2024, Seite 1 / Titel
Machtkampf in Venezuela

Guaidó 2.0 läuft nicht

Venezuela: Proteste gegen Einmischung von außen. Von USA ernannter »Präsident« findet wenig Unterstützung
Von Volker Hermsdorf
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Solidarität mit der Maduro-Regierung auf den Straßen von Caracas am 2. August

Die Wiederauflage der Methode Guaidó könnte schneller scheitern als das Original. Eine Woche nach den Präsidentschaftswahlen haben Regierung und Opposition am Wochenende erneut ihre Anhänger mobilisiert. Im Gegensatz zu den rechten Gewaltaktionen der vergangenen Tage, nach denen laut Agenturmeldungen 1.200 Personen verhaftet wurden, blieb es dabei weitgehend friedlich. Während die USA – wie vor fünf Jahren – einen eigenen Präsidenten für Venezuela ernannt haben, konnte die Opposition weniger Unterstützer aktivieren als erwartet. Zugleich folgten landesweit Tausende dem Aufruf zu Protesten gegen ausländische Einmischung und einen erneuten Putschversuch.

»Wir waren noch nie so stark wie heute«, behauptete die De-facto-Anführerin der Rechten, María Corina Machado, am Sonnabend auf einer Kundgebung im wohlhabenden Hauptstadtviertel Las Mercedes. Zwei Tage zuvor hatte sie in einer US-Zeitung noch geklagt, sich »aus Todesangst« verstecken zu müssen. Der für Machado als Strohmann fungierende offizielle Kandidat, Edmundo González, war dem Aufmarsch ferngeblieben. »Obwohl Tausende von Menschen anwesend waren, blieb die Versammlung weit hinter den Erwartungen zurück«, berichtete die Venezuela-Korrespondentin der argentinischen Tageszeitung Página 12 aus Caracas. Von Außenminister Yván Gil veröffentlichte Luftbilder zeigten ebenfalls eine geringere Beteiligung, als in sozialen Netzwerken und von westlichen Medien berichtet.

»Menschen, so weit das Auge reicht«, berichtete hingegen tagesschau.de am Sonntag. Die Autorin des Beitrags hatte das allerdings nicht vor Ort, sondern aus dem 3.600 Kilometer entfernten ARD-Studio in Mexiko-Stadt festgestellt. Als Zeugen präsentierte sie eine »Anwältin«, die »ihren Namen nicht nennen will«, eine Frau, die sich für »die Abwahl von Maduro« einsetzt und einen ebenfalls anonymen »33jährigen Mann«. Auch in Miami, Bogotá und Madrid forderten rechte Exilvenezolaner am Wochenende den Regime-Change in dem südamerikanischen Land.

In Venezuela demonstrierten Anhänger der Regierung derweil in den Bundesstaaten La Guaira, Aragua, Anzoátegui, Yaracuy und mehreren Städten ihre Unterstützung für den offiziellen Wahlsieger. Im Armenviertel Petare der Hauptstadt skandierten Hunderte »Chávez soy yo, Chávez eres tú« und riefen »Viva Venezuela, mi patria querida«. Tausende versammelten sich dann vor dem Regierungspalast Miraflores in Caracas, wo Staatschef Nicolás Maduro vom »Balkon des Volkes« vor einem faschistischen Putsch warnte. »Venezuela hat Gesetze und Institutionen, mit denen wir unsere Angelegenheiten souverän und ohne ausländische Einmischung regeln können«, erklärte er in Anspielung auf die am Donnerstag erfolgte Ernennung von González zum Präsidenten des Landes durch US-Außenminister Antony Blinken. Die US-Regierung hatte den Schritt mit Angaben der Opposition begründet, die auf einer Internetseite »mehr als 80 Prozent der Wahlprotokolle« veröffentlicht hatte, nach denen »González die Mehrheit der Stimmen« erhalten habe. Venezuelas Parlamentspräsident Jorge Rodríguez wies indes am Freitag darauf hin, dass diese Webseite auch die Namen von angeblichen Wählern anführt, die bereits verstorben seien.

Bei der Wahl am 28. Juli hat Maduro sich laut der Wahlkommission CNE nach Auszählung von knapp 97 Prozent der abgegebenen Stimmen mit 51,95 Prozent gegen seinen Kontrahenten González durchgesetzt. Die oberste Wahlbehörde gibt Cyberattacken als Grund dafür an, dass noch nicht alle Wahlunterlagen veröffentlicht wurden.

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