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Aus: Ausgabe vom 05.08.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
US-Strafzölle

Mit China läuft der wahre Handelskonflikt

US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump kündigt bereits drastische Zollerhöhungen gegen chinesische Produkte an
Von Gerrit Hoekman
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Während die EU sich vor Zöllen der USA wappnen will, übernimmt sie Strafzölle gegen China nach Washingtons Vorbild

Sollten Donald Trump und seine Trumpisten die Wahl im November gewinnen, könnte ab 2025 wieder ein Sturm über dem Atlantik aufziehen. »Ich erwarte aber den wahren Handelskrieg eher zwischen den USA und China«, sagte Samina Sultan vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Mitte Juli in einem Interview mit dem Nachrichtensender NTV. Trump droht bereits mit Zöllen auf alle chinesischen Importe in Höhe von 60 Prozent.

Der Handelskrieg mit China ist indes bereits im vollen Gange. Angezettelt vom Demokraten Joseph Biden. Im Mai hatte die US-Regierung angekündigt, den Importzoll auf Elektroautos und Halbleiter von 25 auf 100 Prozent zu erhöhen. Solarzellen und verschiedene Medizinprodukte sollen mit 50 statt bisher 25 Prozent belastet werden. Stahl, Aluminium, Lithiumbatterien und Hafenkräne mit 25 Prozent. Mit den Strafzöllen sollen US-Unternehmen und Beschäftigte vor angeblich unlauterem Wettbewerb durch China geschützt werden, das seine Industrie stark subventioniere.

Die Zölle sollten ursprünglich ab dem 1. August gelten. Doch einen Tag davor wurde der Termin verschoben. Die endgültige Entscheidung falle im August, und die Zollerhöhung trete dann zwei Wochen später in Kraft. China kündigte bereits an, notfalls einen Strafzoll von 40 Prozent auf Importe zu erheben. »Einige Leute in den USA haben den Verstand verloren, um ihre unilaterale Hegemonie zu sichern«, zitierte Bloomberg den chinesischen Außenminister Wang Yi.

»Deutschland wird in beiden Szenarien hart getroffen: sowohl durch die Einführung der US-Zölle als auch durch mögliche chinesische Gegenmaßnahmen«, warnte Wirtschaftswissenschaftlerin Sultan. Im Prinzip ist die EU schon mittendrin im Handelskrieg: Erheben die USA Strafzölle, lösen sie einen Dominoeffekt aus. Wenn etwa die billigen chinesischen Autos auf dem US-amerikanischen Markt zu teuer werden, wird China versuchen, um so mehr in Europa zu verkaufen. Die EU-Kommission schloss sich daher einem Zollaufschlag für chinesische E-Autos an. Je nach Hersteller soll er bis zu 37,6 Prozent betragen. Deutschland sieht das Instrument kritisch. Automobilkonzerne der EU seien erfolgreich auf dem chinesischen Markt »und verkaufen auch sehr viele Fahrzeuge, die in Europa produziert werden, nach China«, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Mai.

Sowohl die USA als auch die EU umgehen dabei die WTO. Obwohl alle Beteiligten Mitglieder der Welthandelsorganisation sind, wird der Konflikt nicht auf dem Rechtsweg ausgetragen, wozu sich die Mitglieder eigentlich verpflichtet haben. Demnach müsste die WTO entscheiden, ob China tatsächlich rechtswidrig subventioniert. Sie würde aber auch Subventionen der EU und der USA untersuchen und dabei ohne Frage fündig werden. Denn beide betreiben derzeit Anstrengungen, die eigene Wirtschaft zu unterstützen. Die US-Regierung pumpt aktuell etwa 39 Milliarden US-Dollar in neue Chipfabriken.

Auch unter Biden üben die USA politischen Druck auf befreundete Staaten auf, wollen sie eigene Interessen durchsetzen. Das erfuhr der niederländische Vorzeigebetrieb ASML aus Veldhoven, der das Monopol bei der Herstellung der aktuell modernsten Maschinen zur Chipproduktion besitzt. Im März 2023 erließ die niederländische Regierung für die neusten ASML-Maschinen auf Drängen der USA ein Exportverbot nach China. Seitdem liefert ASML nur noch ältere Modelle in die Volksrepublik, was chinesische Unternehmen auf dem Weltmarkt erheblich benachteiligt. Es ist zu erwarten, dass ein Präsident Trump dieses Instrument noch häufiger anwendet.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Georges H. (5. August 2024 um 15:42 Uhr)
    Lieber Gerrit, liebe Redaktion es ist schade, dass hier der Hinweis fehlt zum WHO-Schiedsgericht, dass die USA seit Jahren verhindert, dass dieses Gericht nicht tätig werden kann, weil es keinen Richter ernennt. Dieser Skandal gehört immer und immer wieder angeprangert - noch dazu, wo China ein alternatives (privates) Schiedsverfahren erfolgreich organisiert hat.... fraternellement Georges Hallermayer

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