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Aus: Ausgabe vom 05.08.2024, Seite 6 / Ausland
Nordostsyrien

PKK-Kader ruft zu Versöhnung mit Assad auf

Gesprächsangebot an Syriens Präsidenten, Vorwurf des Separatismus zurückgewiesen
Von Tim Krüger
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Befindet sich eventuell schon in Gesprächen mit kurdischen Vertretern: Baschar Al-Assad

Während der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und seine Regierung seit mehr als einem Jahr vergeblich versuchen, ein offizielles Treffen mit Syriens Staatschef Baschar Al-Assad in die Wege zu leiten, signalisiert die kurdische Seite Gesprächsbereitschaft. Nachdem es Ende 2022 zu einem ersten Treffen der syrischen und türkischen Verteidigungsminister gekommen war, verkündete Präsident Erdoğan zu Beginn des vergangenen Jahres großspurig, »die Türkei, Russland und Syrien« hätten »in Moskau einen Prozess begonnen« und versprach die baldige Aufnahme direkter Gespräche zwischen den »russischen, türkischen und syrischen Führern«. Doch das Manöver Erdoğans, das viele Beobachter vor allem als Wahlkampfstrategie im Vorfeld der türkischen Präsidentschaftswahlen vom Mai 2023 bewerteten, lief ins Leere. Der syrische Präsident Assad machte unmissverständlich klar, dass es keine direkten Gespräche gäbe, solange die Türkei ihre »illegale Besatzung« im Norden Syriens nicht beenden und ihre »Terrorunterstützung« einstellen würde.

Trotz immer wiederkehrerender Ankündigungen in der türkischen Presse und der jüngsten Einladung Erdoğans an Assad, hat die syrische Seite die Angebote direkter Verhandlungen zwischen den beiden Staatschefs und einer damit einhergehenden Normalisierung der Beziehungen bis heute grundsätzlich ausgeschlagen. So erklärte Assad am 15. Juli, dass es, solange kein Abzug der türkischen Truppen erfolge und die türkische Regierung ihre »Unterstützung von Terrorismus« fortsetze, auch weiterhin keine »Grundlage für ein Treffen« gebe. Die Türkei hatte seit Beginn des Aufstandes gegen die Regierung von Baschar Al-Assad im Jahr 2011 vor allem dschihadistische Verbände mit Ausbildung, Waffen und Geld unterstützt. Seit 2019 firmieren die von der Türkei gestützten Milizen unter dem Namen »Syrische Nationalarmee«. Die von islamistischen Kräften dominierte sogenannte syrische Übergangsregierung mit Sitz in Istanbul stellt die Verwaltung der von der Türkei seit 2016 besetzten Regionen Nordsyriens.

In einem Interview mit dem türkischsprachigen Fernsehkanal Medya Haber äußerte sich der hochrangige PKK-Kader Mustafa Karasu am 25. Juli zu den Anstrengungen der türkischen Regierung, eine Aussöhnung mit derjenigen Syriens zu erreichen. Karasu, Mitglied im Exekutivkomitee der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans, dem größten Dachverband der kurdischen Freiheitsbewegung, warnte Assad. Die syrische Regierung solle an einer Aussöhnung mit den Kurden im Norden des Landes arbeiten und betonte, dass seines Wissens bereits Gespräche stattfinden würden. Karasu erklärte, dass die Kurden Syrien »nicht bekämpft« hätten, »als die Krise in Syrien ausbrach«. Und Assad wüsste, dass es die Kurden waren, die durch ihren Kampf gegen »den IS und die Al-Nusra-Front« das »Überleben des Regimes gesichert« hätten. Als PKK wolle man, »dass sie ihre Probleme mit den Kurden durch Versöhnung lösen«. Dafür bedarf es jedoch beidseitiger Anstrengungen, so Karasu, und er erklärte, dass »sowohl das syrische Regime (…) Schritte in Richtung einer Lösung gehen müsse«, aber auch »die Verwaltung in Nord- und Ostsyrien (…) auf das Regime zugehen« solle. Weiterzumachen wir vor 2012 sei jedoch keine Option. Grundlage für eine Lösung auf »demokratischer Basis« sei die Anerkennung der kurdischen »Sprache und Kultur« sowie eine Form »lokaler Demokratie« innerhalb Syriens.

Damaskus beschuldigte die Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens in der Vergangenheit immer wieder, in Kollaboration mit den USA eine »separatistische Agenda« zu verfolgen. Der Demokratische Rat Syriens (MSD), eine 2015 gegründete gesamtsyrische Sammlungsbewegung, welche die Selbstverwaltung im Norden des Landes stützt, wies diese Anschuldigungen immer wieder zurück und betonte stets, eine »nationale Kraft« Syriens zu sein. Im Januar erklärte der MSD, es gebe »keine Separatisten«. Ihr Projekt sei eine vereinte, aber föderale Demokratische Republik Syrien. Dies würde das Land nicht »schwächen«, sondern »Syrien aus diesem Prozess gestärkt hervorgehen«.

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