Letzte Station Manila
Von Jörg KronauerEs soll schnell gehen: Noch in diesem Jahr, vielleicht sogar schon bis Ende Oktober will die Bundesregierung ein Militärabkommen mit den Philippinen schließen. Das teilte Verteidigungsminister Boris Pistorius am Sonntag in Manila zum Abschluss seiner großen Asien-Pazifik-Reise mit. Berlin hat dabei gleich zweierlei im Blick – zum einen eine engere Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften beider Länder, zum anderen eine deutliche Aufstockung der deutschen Rüstungsexporte.
Details sind bislang kaum bekannt. Pistorius, der als erster deutscher Verteidigungsminister überhaupt die Philippinen besuchte, äußerte nach einem Gespräch mit seinem philippinischen Amtskollegen Gilberto Teodoro, denkbar sei etwa eine Zusammenarbeit bei der Ausbildung philippinischer Militärs. Im Bundesverteidigungsministerium war zudem diffus von etwaigen »Expertengesprächen« die Rede. Der bislang konkreteste Schritt ist, dass Anfang September die Deutsche Marine zu einem Hafenbesuch in Manila eintreffen soll. Die Fregatte »Baden-Württemberg« und der Einsatzgruppenversorger »Frankfurt am Main«, die sich aktuell auf einer Weltumrundung befinden, nahmen zuletzt am US-Manöver »Rimpac 2024« bei Hawaii teil und nehmen nun Kurs in Richtung Westen mit Ziel Ost- bzw. Südostasien.
Auch die Pläne zur Rüstungskooperation sind bislang, soweit sie offiziell bekannt sind, eher verschwommen. Im Januar hatte Außenministerin Annalena Baerbock bei einem Besuch in Manila angekündigt, Deutschland werde zusätzlich zu den zwei Aufklärungsdrohnen, die es der philippinischen Küstenwache bereits zur Verfügung gestellt habe, weitere liefern. Im März hatte der philippinische Präsident Ferdinand Marcos jr. nach einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin mitgeteilt, Manila ziehe den Kauf deutscher Waffen in Betracht. Pistorius sagte nach seinem Treffen mit Teodoro in Manila, denkbar seien Lieferungen auf den Feldern der Flugabwehr und des Küstenschutzes sowie womöglich der Export von Transportflugzeugen.
Ungewiss ist freilich, ob die Philippinen sich umfangreiche Rüstungskäufe in Deutschland überhaupt leisten können. Präsident Marcos stellte Anfang des Jahres Beschaffungen im Wert von 35 Milliarden US-Dollar in den kommenden zehn Jahren in Aussicht. Bereits bestellt hat Manila Patrouillenboote und Korvetten, für die es dem koreanischen Schiffbauer Hyundai Heavy Industries eine Milliarde US-Dollar zahlen muss. Die »Brahmos«-Marschflugkörper, die die Philippinen in Indien erwerben, kosten rund 375 Millionen US-Dollar. Das auf Asien spezialisierte Portal The Diplomat publizierte im Mai eine Analyse, laut der Manila 2023 nur 477 Millionen US-Dollar für die Modernisierung seines Arsenals zur Verfügung gestellt hat, 2024 seien es gerade einmal 694 Millionen US-Dollar. Woher das Geld für die dramatische Aufrüstung kommen solle, sei nicht ersichtlich, konstatierte der Autor.
Berlin geht es beim Ausbau seiner Militärkooperation mit Manila allerdings in erster Linie wohl weniger ums Geschäft, sondern vor allem darum, die Philippinen im Machtkampf gegen China zu stärken. Die Vereinigten Staaten bauen den Inselstaat seit dem vergangenen Jahr systematisch zu einer Art Angriffsplattform für einen etwaigen Krieg gegen die Volksrepublik aus. Deutschland leistet nun Hilfsdienste. Pistorius behauptete zwar in Manila, man wolle »deeskalierend wirken« und »Gesprächskanäle zu allen aufrechterhalten, auch zu China«. In Beijing werden derlei Phrasen aber wohl niemanden überzeugen.
Pistorius teilte in Manila zudem mit, Deutschland habe sich um Beobachterstatus bei den Treffen der Verteidigungsminister des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN beworben. Es hoffe, diesen Status mit philippinischer Unterstützung zu erhalten. Ob der Plan aufgeht, ist ungewiss. Manila hat, indem es sich an die USA gebunden hat, mit dem ASEAN-Konsens gebrochen, sich im Machtkampf zwischen dem Westen und China nicht fest auf eine Seite zu schlagen. Im November hatte Singapurs damaliger Premierminister Lee Hsien Loong auf einer öffentlichen Veranstaltung die Philippinen gefragt: »Seid ihr sicher, dass ihr in einen Kampf ziehen wollt, in dem ihr das Schlachtfeld seid?« Das gibt die ASEAN-Mehrheitsstimmung recht gut wieder.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (6. August 2024 um 12:46 Uhr)Als gelernter Kaufmann macht Pistorius das, was die Stunde erfordert: Kreislaufwirtschaft. Er wendet die immer gleiche Strategie »Stellvertreterkrieg« an. Taiwan und die Philippinen konkurrieren um Rang Ukraine II oder III, wer gewinnt, wird sich herausstellen. Wie bei Ukraine I wird es kaum eine Rolle spielen, woher das Geld kommt, wenn der Krieg erst mal angefangen hat.
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