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Aus: Ausgabe vom 07.08.2024, Seite 7 / Ausland
Venezuela

Ermittlungen gegen Machado

Venezuela: Rechte Umstürzler fordern Militär zur Befehlsverweigerung auf. USA rudern zurück
Von Volker Hermsdorf
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Auch die Unterstützer von Präsident Maduro sind zu großen Mobilisierungen fähig (Caracas, 30.7.2024)

Die Auseinandersetzungen um die Wahlen in Venezuela gehen in die nächste Runde. Nachdem der Nationale Wahlrat (CNE) dem Obersten Gerichtshof zum Wochenbeginn die Auszählungslisten der Präsidentschaftswahlen vom 28. Juli übergeben hatte, will das Gericht von Mittwoch bis Freitag dazu die Kandidaten und Parteienvertreter anhören. Während sich die zuständigen Gremien auch mit dieser Untersuchung um Klärung und Deeskalation bemühen, haben Vertreter der rechten Opposition den Konflikt mit einem Aufruf zur Befehlsverweigerung an das Militär und die Polizei wieder angeheizt. Die Staatsanwaltschaft hat deswegen am Montag strafrechtliche Ermittlungen gegen die Oppositionspolitiker María Corina Machado und Edmundo González eingeleitet.

Die Ankündigung von Generalstaatsanwalt Tarek William Saab folgte auf einen offenen Brief, den González und Machado – offenbar unbeeindruckt von internationalen Aufrufen zu Mäßigung – im Netzwerk X veröffentlicht hatten. In dem Aufruf forderten beide die Sicherheitskräfte auf, sich »an die Seite des Volkes zu stellen« und die »Ergebnisse der Wahl zu respektieren«, die sie angeblich gewonnen haben. Zuvor hatte González sich am Montag zum »gewählten Präsidenten« Venezuelas erklärt, nachdem er die vom CNE veröffentlichten Ergebnisse erneut bestritten hatte. »Wir haben 67 Prozent der Stimmen erhalten, während Nicolás Maduro 30 Prozent bekommen hat. Das ist der Ausdruck des Volkswillens«, sagte er. Machado warnte zugleich vor »schrecklichen Konsequenzen«, falls Maduro im Amt bliebe. »Was auf uns zukommt, ist ein Prozess der Destabilisierung mit enormen und schrecklichen Konsequenzen, nicht nur in bezug auf Menschenleben, sondern auch in bezug auf die Zerstörung im Land selbst und einen Prozess der massiven Migration, der die ganze Region betrifft und destabilisiert«, zitierte das Onlineportal Resumen Latinoamericano aus einem Interview des brasilianischen Fernsehsenders Globo.

Laut Generalstaatsanwalt Saab könnten die Erklärungen von González und Machado verschiedene Straftatbestände erfüllen, darunter die »widerrechtliche Amtsanmaßung« sowie »eine öffentliche Aufforderung an Polizei- und Militärangehörige zur Missachtung der Gesetze«. Derartige Handlungen werden international geahndet. So sieht das deutsche Strafgesetzbuch in Paragraph 89 zum Beispiel bis zu fünf Jahre Haft für entsprechende Aufforderungen an Angehörige der Bundeswehr und öffentliche Sicherheitsorgane vor.

Mit ihrem Aufruf hat sich die Rechte vermutlich keinen Gefallen getan. Denn nachdem US-Außenminister Antony Blinken vergangenen Donnerstag noch verkündet hatte, es gebe »überwältigende Beweise« für den Sieg von González, den Washington deshalb als Gewinner der Wahl anerkenne, rudern die USA mittlerweile wieder zurück. Auf Nachfrage erklärte Blinkens Sprecher Matthew Miller, dass Washington den Oppositionskandidaten zwar als Wahlsieger, aber »noch nicht« als Präsident betrachte. »Wir sind noch nicht so weit (ihn als Präsidenten anzuerkennen, jW). Wir stehen in engem Kontakt mit unseren Partnern in der Region, insbesondere Brasilien, Mexiko und Kolumbien, um einen Weg nach vorne zu finden«, zitierte die spanische Agentur Efe aus einer Erklärung Millers. Die Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, Andrés Manuel López Obrador und Gustavo Petro hatten zwar vom CNE gefordert, alle Ergebnisse zu veröffentlichen, um deren Überprüfung zu ermöglichen, zugleich aber jede ausländische Einmischung verurteilt.

Eine Prüfung der Wahlprotokolle beginnt nun zunächst am Mittwoch durch den Obersten Gerichtshof. Nach Übergabe aller Unterlagen des CNE hat Gerichtspräsidentin Caryslia Rodríguez ein Gutachten über die Prüfergebnisse innerhalb von 15 Tagen, nachdem die Kandidaten und Parteienvertreter angehört wurden, in Aussicht gestellt. Beginnend mit den Oppositionsvertretern, darunter Edmundo González, werden alle Wahlbeteiligten einschließlich Nicolás Maduro dazu in den kommenden drei Tagen vorgeladen. Rodríguez wies darauf hin, dass ein Nichterscheinen vor der Kammer »entsprechende Konsequenzen« nach sich ziehen könne.

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  • Leserbrief von B.S. aus Ammerland (7. August 2024 um 13:19 Uhr)
    Nun ist es so, dass die USA wissen, was sie für ein erbärmliches Hollywood-Märchen aufführen. Wie weiland zu Guaidos Zeiten, versuchen die rechten und US-finanzierten Kräfte in Venezuela die Regierung Maduro zu stürzen. Als Gegenleistung belohnen sich die USA mit spottbilligem Erdöl und Erdgas. Was sie dann zu überhöhten Preisen an ihre »Verbündeten« verscherbeln. Da wäre ein Land in der Mitte Europas zu nennen, die ganz wild darauf sind, dass sie berücksichtigt werden. Und der plumpe und durchsichtige Versuch, sich als Wahlsieger auszugeben und das Militär zum Aufstand gegen die Regierung aufzustacheln, diese Nummer hatte die US-Marionette Guaidó schon vorexerziert. Das Ergebnis ist bekannt … aber das hindert die Angloamerikaner und die EU nicht weiter, um einen Regime-Change herbeizuführen.

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