Gegründet 1947 Sa. / So., 02. / 3. November 2024, Nr. 256
Die junge Welt wird von 2974 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 08.08.2024, Seite 6 / Ausland
Kolumbien

ELN erklärt Gewaltverzicht

Kolumbien: Guerilla will nach Ende des Waffenstillstandes vorerst nicht Regierungskräfte angreifen
Von Volker Hermsdorf
Waffenstillstand_mit_80927044.jpg
Shake Hands von Gustavo Petro (l.) und Pablo Beltrán (r.) (Bogotà, 3.8.2024)

Die linke kolumbianische Guerillaorganisation Nationale Befreiungsarmee (ELN) wird die Einsatzkräfte des Landes nicht angreifen. Auch nicht nach dem am Sonnabend ausgelaufenen Waffenstillstandsabkommen mit der Regierung. Dies teilte das Zentralkommando der ELN als »Ausdruck des Friedenswillens« am Dienstag (Ortszeit) in einer Erklärung auf X mit.

Die Zusage gelte bis zum 23. August und unter der einzigen Bedingung, dass die Regierung die Guerilla bis dahin »von der Liste der organisierten bewaffneten Gruppen (GAO)« streiche. Ein »Präsidialdekret zur Streichung der ELN von der Liste hätte im Juni 2023 erlassen werden sollen.« Die ELN habe nie eine Erklärung dafür erhalten, warum dies nicht geschehen sei. Dennoch sei sie bereit, bis zum genannten Datum zu warten, »damit das Dekret bis dahin veröffentlicht wird«, so die Guerillaführung. Die Gruppe erklärte jedoch, dass sie im Falle eines Angriffs in Notwehr handeln würde. Sofern der Bitte entsprochen werde, sei die ELN auch an einem außerordentlichen Treffen mit Regierungsvertretern interessiert, um in Gesprächen nach Lösungen für die Krise zu suchen. »Die ELN steht dem Frieden niemals im Wege und entzieht sich auch nicht ihrer Verantwortung, aber sie verweist klar auf ihre Rechte als gleichberechtigte Vertragspartei«, heißt es in dem Kommuniqué abschließend.

Am Montag hatte Verteidigungsminister Iván Velásquez angekündigt, das kolumbianische Militär werde die »defensiven Militäroperationen« gegen die Guerilla wiederaufnehmen, nachdem der Waffenstillstand ausgelaufen sei. Der Kommandeur der Streitkräfte, Admiral Francisco Cubides, und der Direktor der Polizei, General William Salamanca, hätten den uniformierten Einsatzkräften bereits entsprechende Anweisungen erteilt. Entgegen der Ankündigung und dem ELN-Ultimatum hatten zahlreiche Organisationen beide Parteien in den vergangenen Tagen aufgefordert, sich zu einer Verlängerung zu verpflichten, die Frieden schaffen würde. Die kolumbianische Regierung und die Guerilla hatten im November 2022 Friedensverhandlungen aufgenommen, die derzeit eingefroren sind. Im Rahmen dieses Prozesses trat am 3. August 2023 ein bilateraler Waffenstillstand von 180 Tagen in Kraft, der um weitere 180 Tage verlängert wurde.

Die Regierung des linken Präsidenten Gustavo Petro hatte eine weitere »technische Verlängerung« des Waffenstillstands vorgeschlagen, was die Guerilla jedoch von der ausstehenden Veröffentlichung des Präsidialdekrets zur Streichung der ELN von der GAO-Liste abhängig macht. Erklärtes Ziel beider Seiten ist es, den seit sechs Jahrzehnten andauernden Konflikt zu beenden, der mehr als 450.000 Tote gefordert hat.

Wie die spanische Agentur Efe am Montag meldete, räumte Velásquez ein, dass die Forderung der ELN »eine Angelegenheit ist, die immer Gegenstand von Diskussionen, Analysen und Bewertungen sein kann«. Die Tatsache, »dass es sich um eine organisierte bewaffnete Gruppe handelt, bedeutet nicht, dass sie nicht anerkannt wird«, erklärte der Minister und fügte hinzu, dass sich die Regierung noch nicht zusammengesetzt habe, um die Angelegenheit zu diskutieren. »Wir haben viele Vorteile aus dem Waffenstillstand zwischen der ELN und der Regierung gezogen, und es wäre gut, wenn dieser Waffenstillstand verlängert würde«, zitierte Efe den Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs in Kolumbien, Carlos Ruiz Massieu. Besorgt äußerte sich der Beauftragte der Regierung, Otty Patiño, über die Auswirkungen der Auseinandersetzungen in Venezuela auf künftige Friedensverhandlungen, da das Land »ein Garant für die Prozesse« sei, berichtete das kolumbianische Onlineportal Kienyke.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • Bürgerkrieg gehört in Kolumbien seit langem zum Alltag (31.8.201...
    07.07.2023

    Labile Waffenruhe

    Kolumbien: Regierung und ELN-Guerilla setzen militärische Offensivaktionen aus. Zweifel an Durchsetzbarkeit der Übereinkunft

Regio:

Mehr aus: Ausland