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Aus: Ausgabe vom 08.08.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Erdasfeld »Leviathan«

Rohstoffclinch im Mittelmeer

Millionen-Investitionen in israelisches Gasfeld. EU ermittelt in Zypern
Von Knut Mellenthin
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Israel und Partner wollen 429 Millionen US-Dollar für die Ausbeutung des Erdgasfeldes investieren

Während die Spannungen um Israel aktuell zunehmen, gibt es auch Nachrichten, die sich zu Optimismus verarbeiten lassen: Laut israelischen Medien wollen die Teilhaber des großen Erdgasfelds »Leviathan« im östlichen Mittelmeer 429 Millionen US-Dollar investieren, hieß es am Freitag. Das werde die Kapazität des Feldes auf annähernd 21 Milliarden Kubikmeter im Jahr steigern. Die Entscheidung folge wachsender Nachfrage auf dem heimischen Markt und der Region, kommentierte die Tageszeitung Jerusalem Post und erwähnte ein neues umfangreiches Exportabkommen mit Vietnam.

Größter Teilhaber an »Leviathan«, das 2010 entdeckt wurde und 130 Kilometer vor der Küste liegt, ist das israelische Unternehmen New Med Energy mit 45,3 Prozent. Weitere Beteiligte sind der französische Konzern Chevron und die israelische Firma Ratio Energies. Die kommerzielle Produktion wurde im Dezember 2019 aufgenommen. Ambitionierte Pläne sehen nicht nur vor, mit dem Erdgas dieses und weiterer israelischer Felder im östlichen Mittelmeer den einheimischen Bedarf zu decken, sondern auch Überschüsse zu exportieren.

Eine Pipeline von rund 1.900 Kilometer Länge soll das Gas über Zypern und Griechenland nach Süditalien und von dort aus weiter in andere Länder der Europäischen Union verbringen. Ein Vertrag über den Bau dieser Leitung wurde im Juli 2020 von den Regierungen in Jerusalem, Athen und Nikosia unterzeichnet. Ziel war die Fertigstellung der Pipeline im Jahr 2025. Geschehen ist seither jedoch nichts. Offenbar hat sich die Hoffnung, mit dem Projekt internationale Großinvestoren anzulocken, nicht erfüllt.

Im Kontext der Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer ist auch die Reuters-Meldung vom Montag zu sehen, der internationale Energiekonzern BP und die staatliche Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) der Vereinigten Arabischen Emirate seien »im Gespräch« mit dem Energieministerium der Republik Zypern über Investitionen in den »aufstrebenden« Erdgassektor. Zypern hat seit 2007 Erkundungslizenzen für zehn seiner 13 Offshore-Erdgasblöcke vergeben. Bei fünf Probebohrungen wurde man fündig, die kommerzielle Förderung bisher aber noch nirgendwo aufgenommen.

Indessen ist das 2019 vereinbarte Vorhaben, im Hafengebiet von Vasilikos an der Südküste Zyperns ein Lade- und Speicherterminal für verflüssigtes Erdgas (LNG) zu bauen, zumindest vorläufig zum Stillstand gekommen. Allerdings ohne dass Arbeiten, die nach der ersten Planung schon im September 2022 abgeschlossen sein sollten, nennenswert vorangekommen wären. Die EU hat sich an den zunächst auf 337 Millionen Euro veranschlagten Kosten mit zugesagten 101 Millionen Euro beteiligt. Inzwischen werden sie auf 542 Millionen geschätzt, Zypern erhielt bereits 69 Millionen. Am 25. Juli teilte die für die Untersuchung von Kriminalfällen zuständige EU-Behörde EPPO mit, sie habe Ermittlungen wegen des Verdachts des Beschaffungsbetrugs, des Missbrauch von EU-Geldern und der Korruption aufgenommen.

Wer hier Opfer und wer Täter war, ist bisher nicht klar. Ein internationales Konsortium unter Führung der Firma China Petroleum Pipeline gab am 18. Juli seinen Ausstieg aus dem Vertrag bekannt, da es für seine Lieferungen und Arbeiten nicht bezahlt worden sei. Angeblich geht es um Forderungen in Höhe von 200 Millionen Euro. Die zyprische Seite bestreitet den Vorwurf.

Wozu Zypern überhaupt LNG importieren sollte, ist fraglich: Der Inselstaat besitzt nicht nur eigene Erdgasvorkommen, die allerdings erst noch erschlossen werden müssten. Zudem verhandelt er seit mehreren Jahren mit Israel über den Bau einer Pipeline, durch die Erdgas aus israelischen – und künftig auch aus zyprischen – Vorkommen zu einem noch zu bauenden Terminal auf der Insel fließen soll, um von dort aus als LNG in Länder der EU transportiert zu werden.

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