Heiße Luft
Von Andreas MüllerInmitten des Medaillengetümmels von Paris hat Bundesinnen- und Sportministerin Nancy Faeser (SPD) die Tür für eine neuerliche Bewerbung um die Ausrichtung von Olympischen Spielen aufgestoßen. Sie unterschrieb am 2. August im Namen der Bundesregierung ein »Memorandum of Understanding«. Dank dieses politischen Segens kann der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) nach den Regularien des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) sein Projekt nun ernsthaft vorantreiben.
Nach bislang sieben mehr oder weniger kläglich gescheiterten Bewerbungen nun Anlauf Nummer acht, das erste Mal seit 1972 in München Olympia in der BRD auszurichten. Ein Selbstläufer wird das nicht. Allein schon, weil noch kein überzeugendes Konzept vorliegt. In dem Memorandum werden zwar »Spiele in Deutschland für das Jahr 2040 – 50 Jahre nach der deutschen Einheit« favorisiert, aber keinerlei nähere Angaben darüber gemacht, wann und wie die Zustimmung der Bevölkerung für dieses Unternehmen eingeholt werden soll und welche finanziellen Belastungen mit der Bewerbung einhergehen. Unklar zudem, in welchen Städten die Wettkämpfe stattfinden sollen. Freuen können sich vorerst vor allem Werbe- und PR-Agenturen, denen der Bund für die erste Etappe der Bewerbung bis 2027 insgesamt sieben Millionen Euro zur Verfügung stellt.
Es wird ein Kraftakt. Parallel muss die Bevölkerung von dem Großprojekt überzeugt, ein klimafreundliches Konzept entwickelt und beim IOC um Stimmen gebuhlt werden. Zumal das Vergabeverfahren ausgesprochen intransparent ist. Die internationale Konkurrenz ist groß. Interessenten wie Katar und Saudi-Arabien oder Dauerbewerber Türkei dürften dank ihrer Drähte ins IOC-Headquarter in Lausanne und wegen ihrer geographischen Lage gute Aussichten haben.
Wie immer warteten die Verfechter von »Heimspielen« mit dem Argument auf, wonach eine Olympiabewerbung eine große Chance biete, im Sog der Großveranstaltung etwa die Schwimmfähigkeit von Kindern und Jugendlichen zu verbessern, den Sportunterricht auf Vordermann zu bringen und die milliardenschweren Versäumnisse bei Renovierung und Neubau von Bädern und anderen Sportstätten endlich zu beheben. Menschen, die 1993 die Berlin-Pleite um die Sommerspiele 2000 miterlebt haben, werden wissend abwinken. Das Ergebnis der sieben bisherigen Pleiten war immer dasselbe: nichts als »heiße Luft« – und IOC-Entscheidungen zugunsten anderer.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (8. August 2024 um 13:16 Uhr)Mit Renovierung, Subventionierung und Bau von öffentlichen Bädern jetzt ist »die Schwimmfähigkeit von Kindern und Jugendlichen« wesentlich billiger zu bewerkstelligen als mit Olympischen Spielen in 15 Jahren. Hat man bei der Deutschen Bahn gefragt, ob »Stuttgart 21« bis 2024 in Betrieb gegangen sein wird?
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