DIHK beklagt Azubimangel
Von Susanne KnütterDie Klagen der Unternehmen sind nicht neu, aber sie werden angesichts eines Fachkräftemangels lauter. Fast jeder zweite Betrieb (49 Prozent) konnte im vergangenen Jahr nicht alle seine Ausbildungsstellen besetzen, wie eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) ergab. Das waren zwei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Mehr als ein Drittel der Betriebe (35 Prozent) gab sogar an, keine einzige Bewerbung erhalten zu haben. Hochgerechnet sind das 30.000 Ausbildungsbetriebe.
Besonders betroffen seien demnach die Branchen Industrie, Gastgewerbe, Handel, Verkehrsbranche und das Baugewerbe, erklärte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Am meisten hätten kleine Betriebe zu kämpfen. Als Hauptgrund für die Nichtbesetzung von Stellen nannten die Unternehmen, wie schon in den zurückliegenden Jahren, den Mangel an »geeigneten Bewerbungen«. Was »geeignet« bedeutet, bleibt allerdings offen. Die DIHK hat dahingehend keine Definition festgelegt, wie ein Sprecher gegenüber jW erklärte. »Die Unternehmen definieren das für sich selbst«.
Die DIHK sieht neben dem demographischen Wandel Mängel bei der Berufsorientierung in der Schule. Das heißt Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik sollten laut DIHK eine größere Rolle spielen, aber auch Deutsch, »Lernbereitschaft« und »Umgangsformen«. An einer soliden Grundausbildung jedoch mangele es demnach zunehmend.
Die DIHK-Ausbildungsumfrage skizziere die Probleme »aus Sicht der Betriebe«, sagte DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker gegenüber jW. Wo er zustimmt: »Zu vielen jungen Menschen hilft die schulische Berufsorientierung aktuell nicht ausreichend weiter.« Berufsorientierung müsse »fest im Lehrplan verankert und ausgebaut« werden. Aber vor dem Hintergrund angeblich fehlender geeigneter Bewerbungen müssten auch die Unternehmen ihre Zugangshürden überdenken.
»Zu viele Menschen werden während ihrer Ausbildung schlecht betreut, schlecht oder gar nicht bezahlt und haben keine verlässliche Perspektive«, kritisierte die bildungspolitische Sprecherin von Die Linke im Bundestag, Nicole Gohlke. Zudem seien die Berufsschulen »kaputtgespart« worden. Die Bundesregierung betreibe bei diesem Thema »gezielte Arbeitsverweigerung«.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Detlev S. aus Gaggenau (9. August 2024 um 16:04 Uhr)Seit über 20 Jahren bin ich im Südwesten der Republik mit jungen Menschen konfrontiert, die nach zehnjähriger, überwiegend in Deutschland erworbener Schulbildung den Beruf eines Elektrotechnikers erlernen sollen. Anfangs konnte man auf eine gute Allgemeinbildung vertrauen. Vor allem Auszubildende mit Wurzeln in Ostdeutschland/Osteuropa verfügten über einen hohen Wissensschatz an Allgemeinbildung. Nach mehreren Reformen, mit denen man letztendlich dafür gesorgt hat, dass die Profiterwartungen von Apple und Co bedient wurden, ist von dieser Allgemeinbildung kaum noch ein fragmentarischer Rest verfügbar. Neurologen, Psychologen und erfahrene Pädagogen haben hinlänglich vor den Auswirkungen auf kindliche/jugendliche Hirne der damals so genannten »Neuen Medien« gewarnt! Mittlerweile rächt es sich, dass die »Entscheidungsträger«, welche stets im Sinne der Großindustrie handeln, ihren Zauberlehrling nicht verstanden haben! Durch das Zurückfahren der Allgemeinbildung, welches zur Folge hat, dass z. B. die Anwendbarkeit des Dreisatzes oder gar das Verstehen vom Pythagoras nicht mehr existent ist, hat man erreicht, dass das Erfassen von Problemen und das Entwickeln von Lösungsstrategien kaum noch vermittelbar ist. (In Kollegenkreisen provoziere ich gern mit der Aussage, dass der Startschuss der »allgemeinen Verblödung« im Oktober 1990 gefallen ist.) Das derzeitige industrielle Jammern ist hausgemacht! Es wurde geliefert, was bestellt wurde! Konsumidioten mit eingeschränkten sozialen und kognitiven Fähigkeiten, streng erzogen im »Monopoly-Modus«, die sich bei jeder auferlegten Bürde die Frage nach dem unmittelbaren, persönlichen Nutzen stellen. Man werfe einen Blick auf den Pausenhof einer Berufsschule: kaum Gruppenbildung, Solobeschäftigung am Smartphone, die Umwelt nur noch stark eingeschränkt wahrnehmend. Menschen, wie sie sich ein Henry Ford gewünscht hätte, die aber in unserer heutigen komplexen Welt nicht mehr lebensfähig sind.
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