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Aus: Ausgabe vom 09.08.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Tag der Indigenen

Tauziehen um Territorialrechte

Indigene Ministerin Sônia Guajajara kämpft gegen illegale Rodungen im Amazonasgebiet
Von Volker Hermsdorf
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Angehörige der Gemeinschaft der Munduruku markieren die Grenzen ihres Gebiets im Bundesstaat Pará (18.7.2024)

In Brasilien leben laut Volkszählung mindestens 800.000 Angehörige indigener Völker. Als eine der ersten Maßnahmen nach seiner Amtseinführung am 1. Januar 2023 hatte Präsident Luiz Inácio Lula da Silva ein Ministerium für indigene Völker geschaffen. Die ehemalige Koordinatorin des Dachverbands »ABIP«, ­Sônia Guajajara, wurde als erste indigene Ministerin des Landes vereidigt.

Die das Zweikammerparlament dominierenden Rechtsparteien, die Agrarlobby und Anhänger von Lulas faschistischem Vorgänger Jair Bolsonaro konnten das zwar nicht verhindern, schränkten aber die Zuständigkeiten und Kompetenzen dieses sowie eines ebenfalls neuen Ministeriums für Umwelt und Klimawandel ein. Bolsonaro hatte während seiner Amtszeit (2019–2022) mehrfach versichert, »keinen Zentimeter Land« an Indigene abzugeben. Lula versprach dagegen bei seinem Amtsantritt eine Abkehr von dieser Politik und erklärte, sich energisch für den Schutz der Indigenen und des Amazonaswaldes einzusetzen.

Durch ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz wurden dem Ministerium für indigene Angelegenheiten die Zuständigkeiten für Entscheidungen über Besitzrechte an Ländereien entzogen und das Register ländlicher Flächen vom Umwelt- auf das Landwirtschaftsministerium übertragen. Dieses Register gilt als entscheidendes Werkzeug im Kampf gegen illegale Rodungen im Amazonasgebiet. Zuvor hatten die Abgeordneten bereits ein Gesetz gebilligt, das die Ausweitung und Zuteilung von Schutzgebieten für die Ureinwohner erschwert. Dessen Text sah vor, dass nur noch Land als Schutzgebiet anerkannt werden darf, das zum Zeitpunkt der Verkündung der aktuellen Verfassung im Jahr 1988 von Indigenen bewohnt wurde. Wer vor dem Stichtag am 5. Oktober 1988 vertrieben wurde, sollte kein Recht mehr auf sein Land besitzen.

Damit sollten anderslautende Pläne von Lula und Guajajara ausgebremst werden, die wenige Wochen vor der Parlamentsabstimmung mehrere neue indigene Gebiete ausgezeichnet und den Angehörigen der verschiedenen Communities die ausschließliche Nutzung der natürlichen Ressourcen darauf garantiert hatten. Laut Experten sind solche Schutzgebiete auch ein Bollwerk gegen die Abholzung des Regenwalds – eine der größten Herausforderungen im Kampf gegen den Klimawandel. Ein von Lula eingelegter Widerspruch wurde zwar von einem Gericht wieder kassiert, doch am 21. September 2023 erklärte der Oberste Gerichtshof Brasiliens das gegen die Interessen indigener Völker gerichtete Urteil für verfassungswidrig. »Wie aus dem Text der Verfassung hervorgeht, werden die ursprünglichen territorialen Rechte (der indigenen Völker) anerkannt, aber in jedem Fall sind diese Rechte älter als die Verkündung der Verfassung«, begründete Richter Edson Fachin die Entscheidung.

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