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Aus: Ausgabe vom 09.08.2024, Seite 8 / Ansichten

Gen-Z-Flüsterer des Tages: Jochen Kopelke

Von Karim Natour
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»Netflix gegen Messer«. Diesen skurrilen Tausch schlägt GdP-Chef Jochen Kopelke vor (Berlin, 12.9.2022)

Auf den Besitz eines »Butterflymessers« – auch Balisong genannt – stehen in Deutschland 10.000 Euro Strafe, für den Erwerb eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Trotzdem haben zu viele Menschen so ein Teil oder andere gemeingefährliche Schneidegeräte. Außer der FDP und AfD sind alle Parteien für eine Verschärfung des Waffenrechts. Das deutsche Law-and-Order-Ministerium tüftelt bereits an einem Entwurf.

Nach einem Vorfall mit einem Messer in Stuttgart mit drei Schwerverletzten am Dienstag hat sich der Vorsitzende der »Gewerkschaft der Polizei« (GdP), Jochen Kopelke, eingeschaltet – und der weiß, was Nachwuchsgangster wollen. Sein Vorschlag, damit Gen-Zler ihre Hieb- und Stichwaffen aushändigen: ein Jahr Netflix im Gegenzug für die Abgabe eines verbotenen Messers. Netflix statt kill, sozusagen. Positive Verstärkung heißt das in der Lernpsychologie. Zur Kurskorrektur meldete sich Heiko Teggatz, Vizechef der stramm rechten »Deutschen Polizeigewerkschaft« (DpolG). Statt einer »Belohnung« brauche es hohe Haftstrafen und konsequente Abschiebungen, sagte Teggatz der Bild.

Dass ein Streamingabo wohl niemanden vom Begehen einer Gewalttat abhält – geschenkt. Dafür müsste man schon noch »Disney plus« springen lassen. Die Grünen finden die Idee einer »Abwrackprämie« grundsätzlich auch »sehr gut«, ließ die parlamentarische Geschäftsführerin der Partei am Donnerstag die Öffentlichkeit wissen. Für jeden Neonazi, der sein Munitionslager freiwillig aufgibt, dann Prime obendrauf.

Die Idee könnte allerdings auch einen unerwünschten Effekt haben: Jugendliche in Geldnot besorgen sich ein Butterfly zum Straßenpreis von 20 Tacken und setzen es bei der örtlichen Polizeistation in eine einjährige Serienmarathonflat um. Wer könnte es ihnen verübeln? Bei den unverschämten neuen Preisen rechnet sich das allemal.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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