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Aus: Ausgabe vom 10.08.2024, Seite 4 / Inland
Landtagswahlen im Osten

Osten vor Richtungswahlen

CDU, AfD in Umfragen stärkste Parteien in Thüringen, Sachsen. BSW mit Chancen auf Regierungsposten
Von Kristian Stemmler
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Wer soll’s machen? – Vor den Wahlen in Thüringen am 1. September (Altenburg, 6.8.2024)

Gut drei Wochen vor der Landtagswahl in Thüringen bestätigt auch eine aktuelle Umfrage, dass bei der Regierungsbildung am Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wohl kein Weg vorbeiführen dürfte. In der Wählerbefragung des ZDF-»Politbarometers« kommt die neue Partei auf 19 Prozent und liegt damit nur knapp hinter der CDU (21 Prozent). Da mit der AfD von Rechtsaußen Björn Höcke, die mit 30 Prozent nach wie vor vorn liegt, keiner koalieren will, bleiben nur zwei Optionen: eine Koalition aus CDU, BSW und SPD oder ein Bündnis aus CDU, BSW und Linke (15 Prozent).

Mit der SPD wäre die Mehrheit relativ knapp, sie kommt in der Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen auf nur sieben Prozent. Deutlicher wäre die Mehrheit bei einer Koalition mit der Linkspartei, die 15 Prozent erreicht und damit ihr Wahlergebnis von 2019 halbieren würde. Bündnis 90/Die Grünen liegen nur noch bei drei Prozent und würden ebenso wie die FDP nicht mehr im Landtag vertreten sein. Rund 40 Prozent der Befragten sind allerdings noch nicht sicher, ob und wen sie am 1. September wählen wollen.

Ungeachtet der schlechten Werte für seine Partei bleibt Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), der aktuell mit einer »rot-rot-grünen« Minderheit regiert, bei den Wählern beliebt. Im direkten Vergleich mit CDU-Herausforderer Mario Voigt erreicht Ramelow 47 Prozent, Voigt 30 Prozent. Bei einer Stichwahl gegen AfD-Chef Höcke würden 69 Prozent der befragten Thüringer den Amtsinhaber wählen, nur 18 Prozent Höcke. Am Ende könnte allerdings BSW-Spitzenkandidatin Katja Wolf, nach der offenbar nicht gefragt wurde, Ministerpräsidentin werden – nämlich wenn ihre Partei noch besser abschneidet als die CDU.

Anders als in Thüringen liegt die CDU in Sachsen laut ZDF-»Politbarometer« noch vor der AfD. Die Christdemokraten kommen dort auf 34, die AfD auf 30 Prozent. Damit das so bleibt, hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die Kürzung der Waffenhilfe an die Ukraine angeregt – ein Thema, mit dem die AfD im Osten punkten kann. »Wir können nicht länger Mittel für Waffen an die Ukraine in die Hand nehmen, damit diese Waffen aufgebraucht werden und nichts bringen. Es muss alles im Verhältnis stehen«, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag).

Das BSW folgt CDU und AfD in Sachsen mit elf Prozent, Grüne und SPD sind mit jeweils sechs Prozent nicht mehr weit von der Fünfprozenthürde entfernt, die Linke liegt mit vier Prozent darunter. Bei einem solchen Ergebnis könnte die Regierung unter Michael Kretschmer mit CDU, SPD und Grünen fortgesetzt werden. Knapp würde es auch für eine Koalition aus CDU und BSW reichen.

Gegen eine Regierungsbeteiligung des BSW in Thüringen, Sachsen und Brandenburg gibt es noch eine gewisse Skepsis, wie der am Donnerstag abend publizierte ARD-»Deutschland-Trend« zeigt. Bei der bundesweiten Befragung lehnten 49 Prozent eine solche ab, aber 39 Prozent würden eine Regierungsbeteiligung unterstützen. Mehrheitlich unterstützt wird ein solches Szenario demnach vor allem von AfD-Anhängern (56 Prozent). Deutliche Unterschiede gibt es zwischen West- und Ostdeutschland. So fände eine BSW-Regierungsbeteiligung im Osten mit 56 Prozent insgesamt eine mehrheitliche Unterstützung.

Angesicht solcher Umfrageergebnisse wird in der SPD darüber nachgedacht, wie man vor der nächsten Bundestagswahl aus der Misere kommt. »Wir müssen klarmachen, dass wir mit einem starken sozialdemokratischen Profil in einen Wahlkampf gehen«, sagte der neue rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer gegenüber dpa. So sehr es nötig sei, dass die SPD in der Ampel als größter Koalitionspartner eine »Moderatorenrolle« einnehme und ihre Partner zu Kompromissen bringe, so sehr müsse die Sozialdemokratie in der Phase vor der Bundestagswahl ihr Profil schärfen. Eine erneute Kandidatur von Olaf Scholz stellte Schweitzer nicht in Frage: »Olaf Scholz ist Bundeskanzler und ich halte es für folgerichtig, dass er sagt, dass er seine Arbeit fortsetzen will«, so der SPD-Politiker.

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