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Aus: Ausgabe vom 10.08.2024, Seite 7 / Ausland
Taylor Swift-Konzert

Viele Fragen um Swift-Event

Österreich: Konzerte in Wien wegen mutmaßlicher Anschlagspläne abgesagt. Behörden nehmen drei Verdächtige fest
Von Dieter Reinisch, Wien
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Die Wiener Corneliusgasse wurde wegen des Songs »Cornelia Street« am Mittwoch zum Treffpunkt der Swifties (8.8.2024)

Durch ganz Wien streifen derzeit Swifties. So werden die Fans des US-Musiksuperstars Taylor Swift genannt. Schon in den Tagen vor dem geplanten Konzertbeginn am Donnerstag waren die Merchandising-Stände um das Ernst-Happel-Stadion geöffnet, und viele hatten sich mit den Tourshirts eingedeckt. Nun sitzen sie in Lokalen, Pubs und Parks. Bis zu diesem Sonnabend hätte Swift an jedem Tag vor 65.000 Fans auftreten sollen. Behörden erwarteten zusätzlich täglich bis zu 40.000 Schaulustige vor dem Stadion, die keine Tickets ergattern konnten.

Doch am späten Mittwoch abend kam für sie die Hiobsbotschaft: Alle Konzerte werden ersatzlos abgesagt, die Ticketpreise in den darauffolgenden zehn Werktagen zurückerstattet, gab der Veranstalter Barracuda Music bekannt. Am Vormittag hatte die Polizei einen Ortsteil in der Gemeinde Ternitz in Niederösterreich südlich von Wien evakuiert. Zwanzig Personen verbrachten den Tag in der örtlichen Veranstaltungshalle. Am Morgen war dort ein 19jähriger Österreicher festgenommen worden, weil er einen Anschlag auf »Großveranstaltungen« geplant haben soll.

Im Juli soll er den Eid auf die dschihadistische Terrororganisation »Islamischer Staat« (IS) geleistet haben. Das teilten der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit im österreichischen Innenministerium, Franz Ruf, und Geheimdienstchef Omar Haijawi-Pirchner am Donnerstag auf einer Pressekonferenz mit. »Ernst« sei die Lage, betonte Bundeskanzler Karl Nehammer, der auch sagte, dass Tips von zwei »befreundeten Diensten« gekommen seien. Auch zwei weitere Verdächtige wurden festgenommen. Schon am Mittwoch ein 17jähriger »in der Nähe des Stadions«. Er soll für eine Facilityfirma – angeblich zuständig für das Catering bei den Konzerten – gearbeitet haben. Was er am Stadion getan haben soll und was ihm vorgeworfen wird, ist nicht klar – wie vieles andere der angeblich vereitelten Terrorpläne.

Am Donnerstag wurde in Wien dann eine dritte Person verhaftet. Ein 18jähriger Iraker, informierte ÖVP-Innenminister Gerhard Karner am Freitag vormittag. »Dieser irakische Staatsbürger stammt aus dem Umfeld des 19jährigen mutmaßlichen Haupttäters, der in Ternitz festgenommen wurde.« Der Iraker sei aber nicht direkt mit den Anschlagplänen in Verbindung zu bringen, sondern er soll, »so der Hinweis, am 6. August einen Treueschwur auf den IS abgelegt« und in Kontakt zum »mutmaßlichen Haupttäter« gestanden haben. Weitere Informationen zu der Art des »Kontakts« sind nicht bekannt.

Auch sonst gibt es viele Fragen um die abgesagten Großveranstaltungen. Konkrete Belege für die Anschlagsvorbereitungen auf die Swift-Konzerte gibt es keine. Noch am Donnerstag vormittag stellten auch die Behörden klar, dass sie keine Anweisung gaben, die Konzerte abzusagen, sondern dies allein eine Entscheidung des Veranstalters gewesen sei.

Während der 19jährige Hauptverdächtige laut Behörden ein Geständnis abgelegt hat, verweigert der 17jährige bisher jegliche Aussage, so die österreichischen Medien. Auf Pressekonferenzen geben die Behörden bekannt, der junge Mann habe »womöglich einen Anschlag mit Auto und Stichwaffen« geplant. Doch in seinem Wohnort Ternitz bei Wien wurden Chemikalien gefunden – daher die Evakuierung des Ortes. Um welche Chemikalien es sich handelt und zu welchem Zweck der Verdächtige diese besessen haben soll, ist ebenfalls nicht bekannt.

Trotz der vielen Unbekanntheiten greifen Regierung und rechte Oppositionsparteien das Thema auf, um im Wahlkampf Stimmung gegen Muslime, Islam und Einwanderung zu machen und schärfere Überwachungsmaßnahmen zu fordern. Und die Swifties? Zehntausende von ihnen ziehen derweilen durch die Wiener Innenstadt und versammeln sich auf Plätzen zum gemeinsamen Singen. »So kann ich wenigstens ein paar Erinnerungen mitnehmen«, erzählt eine junge Frau gegenüber jW. Sie sei für die Konzerte extra für ein paar Tage nach Wien gereist. Taylor Swift schweigt dagegen: Noch am Mittwoch abend soll sie Wien verlassen haben. Seither gibt es weder von ihr noch von ihrem Team irgendeine Stellungnahme zu den Konzertabsagen. Untypisch für den US-Superstar.

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