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Aus: Ausgabe vom 10.08.2024, Seite 8 / Ansichten

Lachhafte Begründung

Gericht lehnt Waffenstopp für Israel ab. Gastkommentar
Von Benjamin Düsberg
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Die etwas verbraucht klingende Parole »Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt« ist aktueller denn je. Sie bewahrheitet sich auch in Gaza, wo die israelische Armee mit Hilfe deutscher Waffen schwerste Verbrechen begeht. Das Ziel ist offensichtlich die »ethnische Säuberung« des Gazastreifens. Der Internationale Gerichtshof sieht plausible Anhaltspunkte für einen Genozid, der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshof beantragte Haftbefehle gegen den israelischen Ministerpräsidenten und den Verteidigungsminister. Olaf Scholz beeindruckt das wenig: »Wir haben Israel Waffen geliefert, und wir haben keine Entscheidung getroffen, das nicht mehr zu tun«, sagte der Kanzler am 24. Juli. Es ist ihm offensichtlich gleichgültig, dass er sich damit persönlich strafbar machen dürfte, da diese Waffenlieferungen eine Beihilfestrafbarkeit nach dem Völkerstrafgesetzbuch konstituieren.

Dass einer so definierten Staatsräson das geltende Recht gleichgültig ist, beweist auch die gestrige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg. Die Antragstellerinnen aus Gaza hatten das Gericht angerufen, um die Bundesregierung zu einem Stopp der für sie lebensbedrohlichen Waffenlieferungen an Israel zu verpflichten. Dazu gab es Anlass genug. Die deutschen Exporte von Rüstungsgütern an Israel haben sich 2023 im Vergleich zu 2022 verzehnfacht. Ein Großteil der zusätzlichen Genehmigungen erfolgte nach dem 7. Oktober 2023, als die israelische Regierung bereits verkündete, den Gazastreifen »plattmachen« zu wollen und man gegen »menschliche Tiere« kämpfe. Dies hinderte die deutsche Regierung nicht, sofort die Lieferung von 3.000 tragbaren Panzerabwehrwaffen zu genehmigen, die bis Ende November ausgeliefert wurden. Ihr Einsatz mit verheerenden Folgen im Häuserkampf ist dokumentiert. Es folgten u. a. die Genehmigung von 500.000 Stück Munition für automatische Waffen und ungezählte sonstige Rüstungsgüter, die für die israelische Kriegsmaschine ebenso wichtig sind, aber nicht unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen. Die Lieferung von 10.000 Stück Panzermunition befindet sich in Prüfung.

Dass beide Gerichtsinstanzen vor diesem Hintergrund die Anträge mit der Begründung ablehnten, »es lasse sich nicht prognostizieren, dass die Bundesregierung Genehmigungen von Waffenlieferungen unter Verstoß gegen völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland erteilen werde«, ist schlicht lachhaft. Dies folgt nicht nur aus dem jüngsten Scholz-Statement, sondern aus der gesamten Geschichte der BRD, die sich bei Waffenlieferungen in alle Welt nie um Völkerrecht scherte. Die von Deutschland unterstützen Kriege der Türkei gegen Kurden, Saudi-Arabiens gegen den Jemen, die Rüstung der Apartheid Südafrikas und der Militärdiktaturen Ägyptens sind nur wenige Beispiele.

Benjamin Düsberg ist Rechtsanwalt in Berlin

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  • Leserbrief von N. Schreiber aus München (11. August 2024 um 14:16 Uhr)
    Soviel mal wieder zur permanent auf allen Kanälen immer und immer weiter in die Hirne geprügelten Propaganda a la »Demokratie«(tm) und »Rechtsstaat«(tm) … Realität ist: Kapitaldiktatur und massenmörderisch-verbrecherisches Unrechtsregime. Repräsentiert für die Bundes»republik« Deutschland in Berlin von pseudomacht-geilen, Cam und Talkshow süchtigen Opportunisten in den verschiedenfarbigen Flügel von schwarz- über grün-gelb-rosa- bis blau-braun der »KED«, der »Kapitalistischen Einheitspartei Deutschland«, die bei Wahlen mysteriöserweise fast immer auf oder nahe 100 % der Stimmen und Parlamentssitze kommt …

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