Wertvolle Wohnungsnot
Von Gudrun GieseWie das Pfeifen im dunklen Wald die Angst vertreiben soll, setzen Banken und Verbände ihre Hoffnung in steigende Immobilienpreise. Aktuelle Erhebungen des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (VDP) und der Volks- und Raiffeisenbanken legen zumindest nahe, dass der nahezu zwei Jahre dauernde Abwärtstrend bei den Preisen für Wohn- und Gewerbeimmobilien gestoppt ist. Der VDP präsentierte am Montag Zahlen für das zweite Quartal 2024, wonach der Immobilienpreisindex gegenüber den ersten drei Monaten des Jahres um ein halbes Prozent auf 175,5 Punkte gestiegen sei. Der Index bezieht sich demnach auf Verkaufsdaten von mehr als 700 Banken. Gegenüber 2023 blieben die Kaufpreise für Wohnungen und Wohnhäuser noch 2,9 Prozent günstiger.
Dabei war die Entwicklung in den größten bundesdeutschen Städten im Vergleich der ersten beiden Quartale 2024 unterschiedlich: In Düsseldorf, München und Stuttgart sanken die Preise zwischen 0,5 und 0,2 Prozent, in Frankfurt am Main, Hamburg, Köln und Berlin stiegen sie zwischen 0,5 und 1,2 Prozent. Angesichts der Zahlen erklärte VDP-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt, es sei zu früh, »eine Trendumkehr auszurufen«. Eine »Entspannung der schwierigen Lage« zeichne sich aber ab.
Schwierig ist vor allem die Situation für Mieter. So meldete der Deutsche Mieterbund (DMB) Ende Juni seit Jahren ungebremst steigende Mieten. Insbesondere in Großstädten wie Frankfurt am Main, Stuttgart und Heidelberg lägen Bestandsmieten nach Daten des Zensus 2022 durchschnittlich bei über zehn Euro pro Quadratmeter, in München gar 12,89 Euro. »Wir brauchen dringend Begrenzungen der Mieterhöhungsmöglichkeiten, und zwar sofort«, forderte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten anlässlich der Vorstellung der Zahlen. Die Regierung müsse sich endlich dazu durchringen, schließlich habe sie genau das im Koalitionsvertrag vereinbart.
Es sei nun allerhöchste Zeit, das Problem ernsthaft anzugehen, so Siebenkotten. »Vorschläge liegen auf dem Tisch. Was wir brauchen, ist eine echte Wohnungsbauoffensive, begleitet von ambitionierten Mietrechtsreformen.« Doch auch hier herrscht Stillstand in der Ampelkoalition. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) empfahl kürzlich Menschen, die die ständig steigenden Mieten in den Großstädten nicht mehr zahlen könnten, raus aufs Land zu ziehen. Dort hapert es aber an Kitas, Schulen, ärztlicher Versorgung, Geschäften und an brauchbaren Anbindungen an den öffentlichen Personennahverkehr. Im Gesamtdurchschnitt stiegen nach VDP-Angaben die Neuvertragsmieten in Mehrfamilienhäusern im zweiten Quartal 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6,1 Prozent, während der Anstieg im ersten Quartal bei 1,4 Prozent gelegen hatte.
Drastisch haben steigende Zinsen bei gleichzeitig schwacher Wirtschaft die Preise für Bürogebäude und Einzelhandelsimmobilien absacken lassen. Hier notierte der VDP-Index einen Preisrückgang von 7,4 Prozent gegenüber demselben Zeitraum 2023. Vom ersten zum zweiten Quartal 2024 gab es ein Plus von 0,4 Prozent. VDP-Hauptgeschäftsführer Tolckmitt erwartet auch für dieses Segment keinen schnellen Anstieg, sondern wie für die Immobilienpreise insgesamt ein in etwa gleichbleibendes Niveau. Die Preise hätten sich mittlerweile so weit angepasst, dass die erzielbaren Renditen den Erwartungen der Investoren entsprächen, meldete Reuters.
Die Volks- und Raiffeisenbanken gehen von allmählich steigenden Immobilienpreisen 2025 aus. Die genossenschaftliche Finanzgruppe BVR rechnet mit einem Preisanstieg von einem Prozent. »Wir sehen, dass sich die Preise langsam stabilisieren und nicht weiter sinken, vor allem weil der Wohnraummangel weiter zunimmt«, sagte BVR-Präsidentin Marija Kolak laut DPA. Das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft ermittelte, dass im Frühjahr 2024 in den sieben größten deutschen Städten 27 Prozent weniger Wohnungen zur Miete angeboten wurden als noch 2022.
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