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Aus: Ausgabe vom 13.08.2024, Seite 6 / Ausland
Lateinamerika

Straffreiheit für Fujimori und Co.

Peru: Menschheitsverbrechen von Exdiktator mit neuem Gesetz verjährt
Von Volker Hermsdorf
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Protestmarsch gegen Amnestie für Expräsident Fujimori in Perus Hauptstadt Lima (17.10.2018)

Die Vereinten Nationen äußern »große Besorgnis« über die Entwicklung in Peru. Grund dafür sind mehrere aktuelle Entscheidungen und Gesetze, die nach Aussagen des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Volker Türk, »gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes verstoßen und eine besorgniserregende Entwicklung inmitten eines allgemeinen Rückschritts in bezug auf die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit in Peru« darstellen.

Konkreter Anlass für die Kritik ist unter anderem ein Gesetz zur Verjährung von Verbrechen gegen die Menschheit, das am Wochenende in Kraft getreten ist. Laut dieser Regelung darf niemand mehr wegen Verbrechen gegen die Menschheit oder Kriegsverbrechen für Handlungen, die vor dem 1. Juli 2002 begangen wurden, strafrechtlich verfolgt, verurteilt oder bestraft werden. Auch darf keine Tat, die vor diesem Datum begangen wurde, als ein solches Verbrechen eingestuft werden. Über das Gesetz hatte der von Rechtsparteien dominierte Kongress bereits vor Wochen abgestimmt, doch De-facto-Präsidentin Dina Boluarte hätte noch intervenieren und es an das Parlament zurückdelegieren können. Die im Dezember 2022 durch einen Justizputsch gegen den gewählten linken Präsidenten Pedro Castillo ins Amt gelangte Machthaberin ließ die Frist für einen Einspruch jedoch verstreichen. Sie ignorierte Warnungen des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, zahlreicher Menschenrechtsgruppen und der Opferangehörigen vor der damit verbundenen Straflosigkeit.

Die Entscheidung kommt unter anderem dem ehemaligen Diktator Alberto Fujimori (1990–2000) und mindestens 600 Militärangehörigen zugute, die für zahlreiche Menschenrechtsverbrechen in den Jahren 1980 bis 2000 vor Gericht stehen oder mit Anklagen hätten rechnen müssen. Fujimori war 2009 bereits wegen Verbrechen gegen die Menschheit – unter anderem für Massaker in Barrios Altos (1991) und La Cantuta (1992) – zu 25 Jahren Haft verurteilt worden, bei denen 25 Menschen, darunter ein Kind, im Rahmen einer angeblichen Antiterroroperation von Todesschwadronen der Armee getötet worden waren. Im März 2022 begannen auch Anhörungen in einem seit Jahren verschleppten weiteren Prozess. Schätzungen zufolge waren während Fujimoris Amtszeit mehr als 300.000 überwiegend indigene Frauen und rund 22.000 Männer gegen ihren Willen sterilisiert oder unter falschen Versprechungen zu solchen Eingriffen gedrängt worden, die in den meisten Fällen ohne Anästhesie und ohne postoperative Versorgung erfolgten.

Der Exdiktator war 2017 von dem rechten Präsidenten Pedro Pablo Ku­czynski erstmals begnadigt worden. Nach heftigen Protesten hob der Oberste Gerichtshof die Begnadigung im Oktober 2018 auf, und Fujimori musste erneut ins Gefängnis. Doch nach dem Putsch gegen Castillo setzte das peruanische Verfassungsgericht Anfang Dezember 2023 die Begnadigung aus »humanitären Gründen« wieder in Kraft. Am 6. Dezember wurde der Exdiktator aus der Haft entlassen. Unmittelbar nach Inkrafttreten des Amnestiegesetzes ordnete der Oberste Strafgerichtshof am Sonnabend an, dass Fujimori auch nicht mehr wegen der Zwangssterilisationen angeklagt werden darf. Seit dem 31. Juli erhält er eine lebenslange Rente in Höhe von monatlich 10.483 peruanischen Sol/PEN (etwa 2.690 Euro). Das Durchschnittseinkommen in Peru beträgt zwischen 856 PEN (oder darunter) und 2.707 PEN, das sind etwa 219 bis 694 Euro.

Die Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros, Elizabeth Throssell, erklärte zu den Entscheidungen in Peru unmissverständlich: »Verbrechen gegen die Menschheit und Kriegsverbrechen gehören zu den schwersten Verstößen gegen das Völkerrecht, für die weder Amnestien noch Verjährungsfristen gelten sollten.« Auch sei das fragliche Gesetz verabschiedet worden, während sich »Richter und Menschenrechtsverteidiger in dem Land bedroht fühlen«. Throssell ergänzte, dass sich die Lage in Peru in den letzten Monaten verschlechtert habe und dass das UN-Menschenrechtsbüro bereits zuvor seine große Besorgnis über die dortige Entwicklung zum Ausdruck gebracht habe.

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