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Aus: Ausgabe vom 14.08.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Klimawandel

Fehlender Schutz

Bericht warnt vor Hitzegefährdung für Menschen am Arbeitsplatz
Von Wolfgang Pomrehn
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»Wenn die Hitze kommt, ist sie unsichtbar. Sie verbiegt keine Äste, weht dir keine Haare ins Gesicht, um sich anzukünden. Der Boden zittert nicht. Sie umgibt dich einfach und wirkt auf dich in einer Weise ein, die du nicht vorhersehen oder kontrollieren kannst. Du schwitzt. Dein Herz rast. Du bist durstig. Deine Sicht verschwimmt. Die Sonne fühlt sich wie ein auf dich gerichteter Gewehrlauf an. Die Pflanzen sehen aus, als würden sie weinen. Vögel verschwinden vom Himmel und flüchten sich in den Schatten. Die Farben verblassen. Die Luft riecht verbrannt. Man kann sich das Feuer vorstellen, noch bevor man es sieht.«

So beschreibt Jeff Goodell in seinem Bestseller »The Heat Will Kill You First« die Wirkung von Hitze auf den Menschen, besonders auf jene, die als Bauarbeiter oder Rikschafahrer, als Essenslieferantin, als Taxifahrerin oder in der Landwirtschaft oft ohne ausreichenden Schutz unter freiem Himmel arbeiten müssen. Die zitierte Passage wurde einem Ende Juli veröffentlichten Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation ILO vorangestellt, bei der man sich Sorgen um die Gesundheit der Beschäftigten macht.

Große Hitze belastet den Kreislauf, kann schnell zur Dehydrierung und unter anderem zu Nierenschäden führen. Manchmal tötet sie, oft führt sie zu langfristigen Gesundheitsschäden. Zum einen seien Arbeiterinnen und Arbeiter in gemäßigten Breiten betroffen, so die ILO. Dort gebe es bisher wenig Erfahrungen mit zu großer Hitze. Zum anderen müsste aber in den schon jetzt heißen Ländern mit noch schlimmeren Bedingungen gerechnet werden. In Afrika, den arabischen Staaten, Asien und der Pazifikregion seien schon jetzt die meisten Menschen betroffen, in Afrika sogar knapp 93 Prozent aller Arbeitenden, in den arabischen Länder fast 84 Prozent. Den größten Anstieg von hitzebedingten Verletzungen am Arbeitsplatz gibt es in den beiden Amerikas, Europa und in Zentralasien. Hierzulande und in Zentralasien haben die Fälle von exzessiver Hitze während der Arbeit von 2000 bis 2020 um 17,3 Prozent zugenommen, annähernd doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt.

»Während die Welt sich im Griff anhaltend steigender Temperaturen befindet, müssen wir die Arbeiterinnen und Arbeiter vor Hitzestress schützen«, meinte ILO-Generaldirektor Gilbert F. Houngbo bei der Vorstellung des Berichts. Das sei eine Frage der Menschenrechte, eine Frage der Arbeiterrechte und eine ökonomische Frage. »Wir brauchen einen Aktionsplan gegen Hitze und eine Gesetzgebung, die die Arbeiterinnen und Arbeiter schützt«, so Houngbo weiter.

361 Milliarden US-Dollar (334 Milliarden Euro) an Lohnausfall und medizinischen Kosten könnten durch verbesserten Schutz und bessere Vorbeugung vermieden werden. Die ILO geht davon aus, dass die Schwellenländer am stärksten betroffen sind. Dort könnten die Hitzekosten durch Verletzungen am Arbeitsplatz bis zu 1,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts ausmachen.

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