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Aus: Ausgabe vom 14.08.2024, Seite 7 / Ausland
Referendum angekündigt

Bolivianer sollen entscheiden

Referendum angekündigt: Präsident Arce will über zentrale Fragen abstimmen lassen
Von Volker Hermsdorf
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Dieselknappheit bringt die Menschen auf die Straßen – und nach dem Willen Arces an die Urne (Cochabamba, 8.8.2024)

Boliviens Präsident Luis Arce hat in der vergangenen Woche inmitten wirtschaftlicher Turbulenzen und innenpolitischer Auseinandersetzungen ein Referendum angekündigt. In drei für das Land zentralen Fragen soll die Bevölkerung entscheiden: über Erhalt oder Einstellung von Treibstoffsubventionen, eine mögliche Wiederwahl ehemaliger Präsidenten und die künftige Verteilung der Parlamentssitze. Sowohl die rechte Opposition als auch linke Anhänger von Expräsident Evo Morales kritisieren das Vorhaben.

Mit der Befragung reagiert die Regierung auf den derzeitigen Mangel an Benzin, Diesel und Dollardevisen, der die Wirtschaft des Landes beeinträchtigt. Obwohl Russland Treibstoff zu günstigen Bedingungen liefert, halten hohe Kraftstoffsubventionen zwar die Preise an den Tankstellen niedrig, belasten die Staatskasse dennoch aber täglich mit etwa zehn Millionen US-Dollar. Devisen, die für andere Ausgaben und notwendige Investitionen fehlen. »Wir sollten keine Angst haben, das Volk zu konsultieren. Nichts ist demokratischer als diese Art der Konsultation mit dem bolivianischen Volk zu Fragen von nationalem Interesse«, entgegnete Präsidialministerin María Nela Prada den Kritikern der Volksbefragung.

Deren Vorbehalte beziehen sich aber vor allem auf die umstrittene Frage der Begrenzung einer Wiederwahl des Präsidenten, was auf die bereits angekündigte Kandidatur des ehemaligen Staats- und Regierungschefs Morales abzielt. Morales und Arce gehören beide der mittlerweile gespaltenen Regierungspartei »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) an. »Damit die politischen Akteure« nicht erneut die Stabilität und die wirtschaftliche Lage der bolivianischen Familien beeinträchtigten, »ist es wichtig, die Art der Wiederwahl in Artikel 168 der Verfassung zu präzisieren«, erklärte Arce während der Feierlichkeiten zum 199. Jahrestag der Unabhängigkeit am 6. August. Er spielte damit auf einen von der Rechten – nach der von ihr als illegal bezeichneten Wiederwahl von Morales – initiierten Militärputsch im November 2019 an. Morales sprach sich am Sonntag allerdings gegen das Referendum aus und forderte statt dessen die Abhaltung von Vorwahlen, in denen über die Kandidaten entschieden werden solle.

In einem dritten Punkt geht es um die Verteilung der Parlamentssitze, die Vertreter der Opposition – abweichend vom bisherigen Verfahren – nach den Ergebnissen der vor Monaten durchgeführten Volkszählung festlegen wollen. Mit der Entscheidung des Volkes wolle er verhindern, dass die Rechten, »die ihre Interessen über die Bedürfnisse der Wirtschaft und der Nation stellen«, dieses Thema »als Vehikel für Konfrontation und Uneinigkeit unter den Bürgern und Regionen nutzen«, begründete Arce die Frage. Erst Ende Juni hatte seine Regierung einen Putschversuch rechter Militärs überstanden, der innerhalb weniger Stunden von loyalen Einsatzkräften beendet wurde. Anführer der Aktion war Exarmeechef Juan José Zúñiga. Arce hatte ihn trotz eigener Differenzen zu Morales entlassen, weil er angekündigt hatte, Morales »notfalls gewaltsam daran zu hindern«, bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr erneut zu kandidieren.

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