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Aus: Ausgabe vom 26.08.2024, Seite 16 / Sport
Falscher Acker

Sozialdarwinismus

Von René Hamann
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Der FC Bayern des internationalen Tischtennis: Fan Zhendong

Wie fasste der Musiker und Schriftsteller Hans Platzgumer neulich im österreichischen Standard unsere allgemeine Lebenslage so treffend zusammen? »Alternativlos haben wir uns einer profitorientierten Weltstruktur verschrieben. Sie duldet keine Gleichheit, weder zwischenmenschliche noch lebensraumübergreifende. Sie kennt nur Konkurrenz und das hierarchische Prinzip, in dem sich Stärkere über Schwächere hinwegsetzen, sie zu beherrschen und auszubeuten haben.«

Das gilt so ungefähr auch für den Subbereich Tischtennis. Vorteil allerdings: Das Auf und Ab lässt sich ausspielen, und das im Prinzip ständig, immer wieder. Und Geld macht man damit in der Regel auch nicht, die oberste Spitze kann vielleicht vom Sport leben, die untere Breite definitiv nicht. Das mit dem Stärkeren und dem Schwächeren zeigt sich im Tischtennis meist auch anders: Zum einen im Spiel. Der Stärkere gewinnt meistens, also fast immer. Selbst an guten Tagen und mit ausgeklügelten Taktiken schafft der Schwächere selten mehr als einen Achtungserfolg, also so etwas wie ein knappes 2:3 nach Sätzen. Fan Zhendong, der FC Bayern des internationalen Tischtennis, ist der beste Beweis.

Anderes Beispiel: »Untere« spielen trotzdem gerne gegen Stärkere, weil sie dadurch besser werden. Umgekehrt lehnen Stärkere oft entsprechende Angebote von unten ab, es ist fast wie auf dem Heiratsmarkt. Bei mir im Verein hat es schon Vereinsaustritte von zu oft Verschmähten gegeben. Sie waren beleidigt, weil Bessere nicht mit ihnen trainieren wollten. Ärgerlich ist auch die Arroganz, die bei Stärkeren oft auftritt, und leider zu selten im Spiel bestraft wird. Sie geben im Turnier auch gerne mal ein »w. o.«, also ein Spiel ungespielt geschlagen, wenn sie einen schlechten Tag haben oder niedriger eingestuft wurden als gedacht. Alles nicht ganz fair.

Zum Glück gibt es den Mannschaftswettbewerb! Da dürfen erstens alle mitspielen, egal, wie sie sonst in der Gesellschaft stehen (und der prekäre Journalist schlägt auch mal die Museumsleiterin oder der Arbeiter den ehemaligen Bankvorstand). Und zweitens gibt es im Endresultat auch mal die Gleichheit, sprich das Unentschieden. Auf Dauer herrscht aber auch da Konkurrenz. Nur ist es meist eine freundliche – verbissen geführt, fair gespielt, am Ende aber mit Handschlag beschlossen. Eine/r wird gewinnen. Beim nächsten Spiel könnte wieder alles anders sein.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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