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Aus: Ausgabe vom 16.08.2024, Seite 2 / Ausland
Sommerschule der KPÖ-Leoben

»Der Krieg hätte 2022 beendet werden können«

Österreich: Sommerschule der KPÖ-Leoben zu Krieg und Frieden. Ein Gespräch mit Werner Murgg
Interview: Dieter Reinisch, Leoben
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Bei der Sommerschule wird es unter anderem um die Ukraine und Palästina gehen

An diesem Wochenende findet die Sommerschule der KPÖ in Leoben statt. Womit beschäftigen Sie sich dort?

Die Sommerschule ist eine Veranstaltung des »Leobener Formats«. Wir haben vor längerer Zeit gedacht, in Österreich wieder einen Kreis von Referenten zu sammeln und Veranstaltungen zu organisieren, um sich auf marxistisch-materialistischer Grundlage mit Problemen in Österreich und weltweit auseinanderzusetzen.

Wir haben bereits mehrere Veranstaltungen organisiert, etwa in Wien einen Vortrag mit Professor Alexander Somek, der ein Buch über die neoliberale Identitätspolitik und Genderideologie geschrieben hat. In Leoben hatten wir Veranstaltungen zum Ukraine-Russland-Krieg, und im Herbst werden wir Michael Lüders einladen zu einer Veranstaltung zu Israel/Palästina. Ich vermisse derartige Veranstaltungen in Österreich. Die KPÖ hat so etwas früher gemacht, aber das lässt immer stärker nach. Daher haben wir in Leoben damit begonnen.

Welche Themen haben Sie sich vorgenommen?

Es wird unter anderem um Israel/Palästina und die Ukraine gehen. Ich bin überzeugt, dass es derzeit einen Kampf zwischen Vertretern einer unipolaren und einer multipolaren Weltordnung gibt, der auch auf dem Rücken der Ukrainer ausgetragen wird. In dem Zusammenhang wollen wir vor allem die Rolle der Volksrepublik China in diesem Konflikt näher beleuchten.

Wir werden aber auch die Frage der Identitätspolitik beleuchten. Es ist höchste Zeit, dass sich die marxistische Linke tiefergehend mit dieser Ideologie beschäftigt. Die sogenannte Linke in Westeuropa und den USA ist von diesem Paradigma völlig angekränkelt. Das führt jedoch von einer kollektiven Weltsicht und einer wissenschaftlichen Erkennbarkeit der Welt weg.

An wen richtet sich das »Loebener Format« ?

An Genossen aus dem Umfeld der KPÖ. Aber auch eine interessierte Öffentlichkeit soll angesprochen werden.

Die Sommerschule soll Publikum aus ganz Österreich anziehen, Referenten kommen auch aus Deutschland. Wieso wird so eine Veranstaltung von einer Regionalgruppe der KPÖ organisiert?

Wenn die zentrale KPÖ so etwas nicht macht, müssen wir es eben selbst in die Hand nehmen. Die Sommerschule geht auf die Tradition der KPÖ-Steiermark zurück. Es gab bereits vor 20 Jahren die ersten Sommerschulen. Wir haben sie damals nicht jedes Jahr angeboten. Es kamen Referenten von der DKP und dem Marxistischen Forum der damaligen PDS. Das Projekt ist aber dann etwas eingeschlafen. Zuletzt wurde es von der KPÖ Steiermark wieder aufgegriffen. Es gab letztes Jahr eine Sommerschulung, dieses Jahr zu Pfingsten.

Was unterscheidet Ihre Veranstaltung von den Schulungen in der Steiermark?

Was wir brauchen, ist eine Veranstaltung zur Vertiefung von Themen auf marxistisch-materialistischer Grundlage. Am Wochenende wird die Friedensfrage eine zentrale Rolle spielen. Wir treten für den sofortigen Frieden ein. Der Krieg in der Ukraine hätte im März 2022 beendet werden können, wenn die Ukraine nicht auf US-Druck die Verhandlungen abgebrochen hätte.

Nur für Frieden zu sein, ist zu wenig. Es muss analysiert werden, wer den Frieden stört und wo die Störenfriede herkommen. Da vermisse ich in Österreich bei vielen Gruppen die Analyse, warum es keinen Frieden gibt. Es gibt viele, die mit viel Leidenschaft, egal ob zu Palästina oder Ukraine, für Frieden eintreten, aber diesen Gruppen fehlt die notwendige Analyse. Das wollen wir ändern.

Solche Debatten gibt es nicht auf nationaler Ebene?

Auf jeden Fall zu wenig. Gerade in bezug auf den Krieg in der Ukraine, der uns schon seit zwei Jahren beschäftigt, hat sich die KPÖ zwar von Beginn an für Friedensverhandlungen eingesetzt, es mangelt aber an der kritischen Analyse der Vorgeschichte. Um zu verstehen, worin die Ursachen des Krieges liegen, ist das aber wesentlich. Nur, wenn man die Ursachen versteht, wird man auch zu einer dauerhaften Friedenslösung kommen können.

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  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (16. August 2024 um 07:17 Uhr)
    »Der Krieg in der Ukraine hätte im März 2022 beendet werden können, wenn die Ukraine nicht auf US-Druck die Verhandlungen abgebrochen hätte« – Noch einfacher wäre gewesen, Russland hätte den Krieg, Entschuldigung, die »militärische Spezialoperation« am 24. Februar 2022 gar nicht erst begonnen! – Was die Verhandlungen betrifft: Alle bisherigen »Verhandlungsangebote« Russlands waren mit Bedingungen verbunden, die im Ergebnis die Kapitulation der Ukraine bedeutet hätten. Um das abzulehnen, bedurfte es keines äußeren Drucks. – PS.: Mir konnte bisher niemand erklären, worin sich ein »Krieg« und eine »militärische Spezialoperation« unterscheiden!
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (16. August 2024 um 17:51 Uhr)
      Sehr geehrter Herr Pfannenschmidt, sogar der derzeitige NATO-Generalsekretär nennt 2014 als Beginn des Ukraine-Kriegs. Von ihnen kann man perfekte selektive Wahrnehmung lernen. Ich empfehle die Junge Welt als Informationsquelle. Z. B. kann man in diesem Blatt zur Vorgeschichte der heutigen Situation viel Material finden. Das Blatt stellt eine Suchfunktion zur Verfügung! So führt der Suchbegriff »militärische Spezialoperation« zu 33 Artikeln, probieren Sie es aus, auch mit anderen Suchbegriffen!
    • Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (16. August 2024 um 12:45 Uhr)
      »Noch einfacher wäre gewesen, Russland hätte den Krieg, Entschuldigung, die ›militärische Spezialoperation‹ am 24. Februar 2022 gar nicht erst begonnen!« Man sollte Geschichte nicht an einem bestimmten Tag anfangen lassen, wenn man nicht Gott ist, Herr Pfannschmidt. Die Erde war vor dem 24. Februar 2022 nicht wüst und leer. Den Frieden hätte die NATO ganz ohne Waffen in Osteuropa sichern können: Zusagen und Verträge mit Russland einhalten (siehe Verhandlungen mit Gorbatschow, Verzicht auf Ausdehnung der NATO, Zwei-plus-vier-Vertrag, NATO-Russland Akte [Sicherheit nicht auf Kosten eines anderen Staates], Erfüllung von Minsk II statt acht Jahre lang die Bevölkerung im Donbass zu beschießen, Verzicht, einen Putsch in Kiew zu finanzieren und damit zu organisieren). Sie schreiben: »Alle bisherigen ›Verhandlungsangebote‹ Russlands waren mit Bedingungen verbunden, die im Ergebnis die Kapitulation der Ukraine bedeutet hätten.« Keineswegs. Die Bedingungen der Gespräche in Ankara waren ein Kompromiss, der (nicht alle) Interessen beider Seiten berücksichtigte. Die geforderte Neutralität der Ukraine wäre auch für sie ein Segen gewesen, für Deutschland übrigens auch. Wohlgemerkt: Eine neutrale (!) Ukraine bekam die Mehrheit bei der Volksabstimmung. Ein zum Feindstaat Russlands aufgebautes NATO - Mitglied hätte diese Mehrheit niemals bekommen. Deshalb hatte die Neutralität auch Verfassungsrang. »Mir konnte bisher niemand erklären, worin sich ein ›Krieg‹ und eine ›militärische Spezialoperation‹ unterscheiden!« Aber Herr Pfannschmidt! Wissen Sie nicht, dass es seit dem Vietnamkrieg überhaupt keine Kriege mehr gibt? Die Friedensmissionen des Westens z. B. in Afghanistan, Libyen, Irak, Jugoslawien hießen »Operation Enduring Freedom« usw. Ein Vergleich der Zahl der Opfer im zivilen Bereich dieser westlichen »Friedensaktionen« mit dem »brutalen russischen Angriffskrieg« erläutert gut den Unterschied zwischen Krieg und Spezialoperation wenigstens bei dieser Nenngröße.

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