Kampf der Oligopole
Von Burkhard IlschnerWenn ein Unternehmen feststellt, es habe »in einem herausfordernden Umfeld« ein »positives« Ergebnis erzielt, dann sollten die Alarmglocken läuten. Nicht so bei der HHLA, dem momentan noch zu knapp 70 Prozent staatseigenen Hamburger Terminalbetreiber – die hat am Mittwoch fürs erste Halbjahr 2024 bilanziert, die Firma sei »mit ihrer strategischen Ausrichtung gut aufgestellt« – in gewisser Weise eine »sportliche« Wertung.
Für sich betrachtet, wirken die vorgelegten Zahlen zunächst passabel: Der Konzernumsatz, heißt es, sei im ersten Halbjahr um rund 4,6 Prozent auf 760,3 Millionen Euro gestiegen. Das Betriebsergebnis (Ebit) legte sogar um 16,8 Prozent auf 58,9 Millionen Euro zu. In den Begründungen tauchen, wie mittlerweile üblich, Störungen der Lieferketten unter anderem durch geopolitische Spannungen, Ukraine-Krieg und Nahost-Krise auf, sowie die aktuelle Konjunktur.
Aber wie so oft, hilft der Blick auf die Details: Bekanntlich bringt aktuell vor allem die Situation in Gaza und am Roten Meer samt der Umwege über Südafrika die Lieferketten durcheinander. Weshalb die HHLA das genannte Ergebnis neben dem »leichten Anstieg« im Containerumschlag vor allem den »gestiegenen Lagergelderlösen« an den Terminals »aufgrund temporär erhöhter Verweildauern« zuschreibt. Letzteres meint das Boxen-Chaos, zwangsläufige Folge momentaner Fahrplan- und Routenänderungen, die zugleich erhöhte Verkehre mit anderen europäischen Seehäfen bewirken.
Nur ist das so eine Sache mit dem Containerumschlag: Der sei, wird gelobt, im Vergleich zum schwachen Vorjahreshalbjahr konzernweit um 2,2 Prozent auf 2,94 Millionen TEU gestiegen (das Kürzel steht für Twenty-foot Equivalent Unit, deutsch Zwanzig-Fuß-Standardcontainer). Diese Darstellung verschweigt aber nicht nur, dass die Umschlagszahlen in den vergangenen Jahren stark rückläufig waren – von 7,6 Millionen TEU im Gesamtjahr 2019 auf 5,9 Millionen TEU im Jahr 2023. Wobei der Löwenanteil jeweils auf die drei Hamburger Terminals entfiel. Der Anteil der Auslandsstandorte in Estland und Italien sowie – seit 2022 ausgesetzt – in der Ukraine lag zusammen nie über fünf Prozent.
Festzuhalten ist darüber hinaus, dass auch Hafenkonkurrent Rotterdam im vergangenen Halbjahr ein Plus von 2,2 Prozent erzielt hat, allerdings auf einen Umschlag von 6,8 Millionen TEU. Im Hafen Antwerpen-Brügge kletterte der Umschlag um 4,1 Prozent auf 6,6 Millionen TEU.
Es sind auch die schwachen Zahlen der Terminals in Tallinn und Triest sowie der Umschlagstopp in Odessa, die die HHLA aus der Rangliste der weltgrößten Terminalbetreiber des Londoner Beraterteams von Drewry haben rutschen lassen. Die HHLA wird dort seit 2022 nur noch in der Statistik führender lokaler Betreiber geführt. Erst am Montag hat Drewry seine Tabelle globaler Hafenakteure aktualisiert: Unangefochten an der Spitze steht Singapurs PSA vor den chinesischen Konkurrenten China Merchant Ports und Cosco. Auf Platz vier rangiert der Betreiber APM Terminals von Mærsk, gefolgt von Dubais DP World und Hutchison Ports, einem an der Börse in Hongkong notierten, aber im Steuerparadies der Cayman Islands registrierten Konzern.
Der Siebtplatzierte in der Drewry-Liste ist das Schweizer Familienunternehmen MSC, das bekanntlich kurz davor steht, knapp die Hälfte der HHLA zu vereinnahmen. Die Genfer Reederei samt ihrer Töchter Terminal Investment Limited (TiL) und Africa Global Logistics (AGL) hat mit 10,3 Prozent das stärkste Wachstum aller Hafenbetreiber verbucht. Auch in der Linienschifffahrt legt MSC, wie bereits berichtet, weiter kräftig zu und verfügt derzeit mit mehr als sechs Millionen TEU über knapp 20 Prozent der globalen Flottenkapazität.
Sofern nun, wie zu befürchten ist, Hamburgs SPD-Grünen-Koalition gegen alle Einwände und Widerstände die Fusion der HHLA mit MSC durchdrückt, würde selbst der derzeit eher magere Umschlag der Hamburger den Schweizer Konzern in der Drewry-Liste nach oben katapultieren. Mindestens Platz fünf wäre drin, eventuell sogar Platz vier vor APM und hinter Cosco: Kampf der Oligopole.
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