LNG-Projekt vor dem Kadi
Von Oliver RastZwist, Zoff, Zank in der »innovativen« LNG-Frackingbranche. Betreiber von Flüssigerdgasterminals gönnen sich untereinander wenig, eigentlich gar nichts. Die Hanseatic Energy Hub (HEH) prescht vor, verklagt die EU-Kommission vor dem Europäischen Gericht (EuG) des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg, berichtete am Donnerstag der NDR.
Der Grund: Die Kommissionäre hätten finanzielle Beihilfen der BRD in Höhe von 40 Millionen Euro für das geplante feste Terminal in Brunsbüttel genehmigt. Das war bereits im Juli 2023. Dagegen muckt nun der Betreiber HEH des ersten im Bau befindlichen deutschen LNG-Terminals an Land in Stade auf. Denn die Bezuschussung sei nicht nötig, das projektierte Terminal wäre auch ohne Beihilfen realisierbar, behauptet die HEH, aus deren Klageschrift tagesschau.de am Donnerstag zitierte. Schließlich errichte man selbst eine Flüssigerdgasstation vor den Toren Hamburgs – ohne staatliche Finanzspritze. Das beweise wiederum, dass das Vorhaben auch ohne Subventionen umsetzbar sei, so das ARD-Format weiter zitierend. Zumal die Finanzierungslücke für das Projekt in Brunsbüttel mittels einer »Preisanpassung« für Kunden um lediglich zwei Prozent hätte geschlossen werden können. Ein »normaler Marktteilnehmer« würde von Abnehmern schlicht einen Aufschlag beim Preis verlangen. Und Kunden ließen sich in aller Regel auf höhere Konditionen ein, aus Eigeninteresse.
HEH stört aber noch mehr. »Marktversagen«, denn die Lücke der Projektfinanzierung sei »nur durch das unwirtschaftliche Handeln der Begünstigten« entstanden. Ferner setze die Beihilfe Fehlanreize, durch gestiegene Baukosten oder zu niedrige Preise eine geringe Rendite zu erwirtschaften. Zur HEH gehören unter anderem der Hamburger Hafenlogistiker Buss-Gruppe, eine Schweizer Private-Equity-Firma sowie ein US-Chemiekonzern. Die Bosse des Konglomerats wähnen, ein finanzielles Pimpern verführt zum weniger effizienten Arbeiten.
Unter dem Strich buttert der Bund deutlich mehr Geld in das Projekt. Vorgesehen waren im Haushalt 2022 rund 740 Millionen Euro. Das gehe aus einem Brief des Finanzministeriums von Christian Lindner (FDP) an den Haushaltsausschuss des Bundestags vom April 2022 hervor, weiß tagesschau.de. Der Bund sei am für das Brunsbütteler Terminal zuständigen Unternehmen German LNG zu 50 Prozent über die KfW beteiligt, die Kreditanstalt für Wiederaufbau.
Und überhaupt: Kritik am LNG-Beschleunigungsgesetz vom Juli 2023 aus dem Hause von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) gab und gibt es zuhauf, nicht nur an Finanzierungsfragen; vor allem, was Anlandung und Speicherung von Flüssigerdgas betrifft. Insgesamt ist an Nordsee und Ostsee der Bau von elf Terminals für diesen fossilen Energieträger vorgesehen: Schwimmende LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel wurden bereits eröffnet, hatte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) moniert. Die provisorischen, schwimmenden Terminals sollen laut Bundeskabinett ab 2025 durch ausschließlich feste Anlagen an Land ersetzt werden. Durch jene stationären beispielsweise in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Stade. Dem Beschleunigungsgesetz zufolge haben die LNG-Terminals eine Laufzeit von 20 Jahren. Eine lange Zeit, zumal die Ampelkoalitionäre auf Umweltverträglichkeitsprüfungen verzichten und die »Zivilgesellschaft« aus Beteiligungsprozessen weitgehend ausgeschlossen haben.
Dabei steht fest, der Aufbau einer hiesigen LNG-Infrastruktur widerspricht Klimaschutzzielen und ist energiewirtschaftlich unsinnig. Zu letzterem: Die aktuelle Gasnachfrage hierzulande sei gering, da die Gasspeicher zu 89 Prozent gefüllt seien, hatte der NDR kürzlich berichtet. Die Bundesnetzagentur schätze die Versorgung in Deutschland als stabil ein. Dazu passt, dass trotz genehmigten Regelbetriebs des LNG-Terminals in Mukran auf der Insel Rügen vom Betreiber Deutsche Regas noch kein Flüssigerdgas in die Netze gespeist wurde.
Alles in allem Indizien dafür, dass Geplänkel, Gerangel, Geschubse um »Marktchancen« in der LNG-Businessszene bleiben werden.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Mehr aus: Inland
-
Ganz normale Vorgänge
vom 16.08.2024 -
Kritik an Flughafenprotest
vom 16.08.2024 -
Kampf der Oligopole
vom 16.08.2024 -
»Die anderen lassen sich von der AfD vor sich hertreiben«
vom 16.08.2024