Großstreiks in Chiles Minen
Von Volker HermsdorfIm Norden Chiles tobt der Klassenkampf. Am Dienstag traten die knapp 2.400 Beschäftigten der weltgrößten Kupfermine Escondida in der Region Antofagasta in den Streik. Mit dem Ausstand wollen die Bergleute eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen verhindern. Zu ihren Forderungen gehört aber auch eine Gewinnbeteiligung. Ein Prozent der an ausländische Investoren gezahlten Dividenden soll zu gleichen Teilen an die Arbeiter gehen.
Laut »Gewerkschaft Nr. 1 bei Minera Escondida« waren Gespräche mit Vertretern des mehrheitlich dem multinationalen BHP-Konzern gehörenden Unternehmens ergebnislos abgebrochen worden. Die Situation verschärfte sich, nachdem die Leitung des Bergbaukonzerns mit Sitz in Melbourne streikende Minenarbeiter entlassen und die Gremien der Gewerkschaft übergangen hatte, in der knapp 99 Prozent der Belegschaft organisiert sind.
Die Führung von BHP, neben der britisch-australischen Rio Tinto Group und der brasilianischen Vale S.A. einer der drei größten Bergbaukonzerne der Welt, wird von der Gewerkschaft aufgefordert, die Angriffe auf Arbeiter und ihre gewerkschaftlichen Vertreter einzustellen. Zu einer Aussetzung des Arbeitskampfes ist die Streikleitung vorerst ebenso wenig bereit wie zur Wiederaufnahme der Gespräche. Örtlichen Medien zufolge begannen einige hundert Beschäftigte am Mittwoch mit dem Aufbau eines Protestlagers in den Hafenanlagen von Puerto Coloso in Antofagasta.
Von dort verschifft »Minera Escondida« jeden Monat Tausende Tonnen Kupferkonzentrat in verschiedene Teile der Welt. Laut einem Bericht der brasilianischen Investmentbank BTG Pactual könnte BHP »täglich zwischen 25 und 30 Millionen Dollar verlieren«, wenn der Streik länger andauere. Referenzpunkt ist ein Arbeitskampf der Bergleute in der Mine im Jahr 2017. Der dauerte damals 44 Tage. Nach Einschätzung der Nachrichtenagentur Reuters könnte sich der Ausstand auch »auf die Weltmarktpreise für Kupfer auswirken, wenn keine schnelle Lösung gefunden wird«.
Auch Auswirkungen auf das chilenische BIP wurden im Reuters-Bericht als denkbar bezeichnet. Beim Streik 2017, dem bislang längsten in der Geschichte des chilenischen Bergbaus, hatten sich die Verluste des Unternehmens auf rund 740 Millionen US-Dollar summiert. Das führte zu einem Rückgang des BIP von damals rund 1,3 Prozent.
Neben der Gewinnbeteiligung geht es der Gewerkschaft Nr. 1 um angemessene Entgelterhöhungen, die Einhaltung von Ruhezeiten und den Erhalt von Verpflegungsleistungen. 99,83 Prozent der Beschäftigten hatten vor Streikbeginn in einer Art Urabstimmung ein Angebot des Konzerns als unzureichend abgelehnt, auch weil damit die Missachtung der zuständigen Gewerkschaft verbunden war. »Die Arbeiter lehnten das Angebot des Unternehmens ab, das Prämien in Höhe von 27 Millionen Dollar und eine Lohnerhöhung beinhaltete, weil es hinter dem Rücken der Verhandlungskommission vorgelegt wurde«, berichtete die Zeitung Diario Antofagasta.
Parallel zum Arbeitskampf in der Provinz Antofagasta legten am Dienstag auch rund 300 Bergleute der von der kanadischen Lundin Mining betriebenen Caserones-Mine in der Atacama-Region ihre Arbeit nieder, um Lohnforderungen Nachdruck zu verleihen. Damit streiken dort zunächst rund 30 Prozent der Beschäftigten. Sie gehören einer von drei Gewerkschaften an, die in der »Mina Caserones« aktiv sind.
Die in der nordchilenischen Stadt Copiapó herausgegebene Revista Minera Crisol veröffentlichte nach Streikbeginn Fotos brennender Barrikaden, mit denen die Arbeiter nach Einschätzung der Zeitung »vorwegnahmen, was in den nächsten Tagen geschehen wird, wenn sie keine zufriedenstellende Antwort erhalten«. Die Kupfermine war am 11. Juli 1971 unter der Regierung von Präsident Salvador Allende verstaatlicht worden. Nach dem von der CIA organisierten faschistischen Putsch im September 1973 wurde die Maßnahme rückgängig gemacht, und das Privatkapital durfte sich wieder an der Ausbeutung der Ressourcen beteiligen.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Ähnliche:
- 20.08.2021
Kampf gegen den Riesen
- 30.10.2019
Keine Ruhe für Piñera
- 06.01.2010
Streik in den Anden
Regio:
Mehr aus: Kapital & Arbeit
-
Auch Norwegen hat Probleme
vom 16.08.2024 -
Die Märkte brauchen den schwachen Yen
vom 16.08.2024