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Aus: Ausgabe vom 17.08.2024, Seite 5 / Inland
Statistik

Neue Mindestlohnstudie

Nach Einführung vor allem Zuwächse im Osten
Von Alexander Reich
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Unteres Lohnniveau: Abfüllung und Verpackung im »Bautz’ner Senf«-Werk in Bautzen

Jeder ist davon ausgegangen, jetzt ist es wissenschaftlich erhärtet: Durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2015 haben sich besonders die Einkommen von Geringverdienern in Ostdeutschland erhöht. Sie stiegen zwischen 2013 und 2018 preisbereinigt im Schnitt um 21 Prozent. Die Hungerlöhne des ärmsten Zehntels stiegen sogar um 31 Prozent. Im reicheren Westen war der Effekt nicht mal halb so stark.

Jedenfalls »überwiegend« seien die Zuwächse auf den »Mindestlohneffekt« zurückzuführen, erklärte Toralf Pusch vom WSI-Institut der Hans-Böckler-Stiftung, als er die Studienergebnisse am Freitag in Düsseldorf vorstellte. Die Erhebung entkräfte nachträglich Bedenken, »Arbeitgeber könnten nach Einführung der Lohnuntergrenze im Gegenzug die Stundenzahl von Beschäftigten im Mindestlohnbereich reduzieren«.

Für die Studie hat Pusch auch die »Eingriffstiefe« des Mindestlohns ermittelt. Sie lag im Osten bei 23 Prozent der Jobs, im Westen bei neun Prozent. Im Klartext: Während im Osten fast jeder vierte für weniger als 8,50 Euro jobbte, war es im Westen nicht mal jeder zehnte. Am »20-Prozent-Punkt« der Einkommensverteilung lagen die Zuwächse in den Osthaushalten bei 419 Euro brutto und 259 Euro netto. Im Westen waren es etwa 40 Prozent davon.

Der Mindestlohn war 2014 gegen die Stimmen von fünf CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten beschlossen worden, darunter die Cottbusserin Jana Schimke. Im Bundesrat kam die einzige Gegenstimme vom Land Sachsen.

Effekte jüngerer Mindestlohnerhöhungen konnten in der WSI-Studie nicht berücksichtigt werden, weil die zugrundeliegende Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nur alle fünf Jahre erhoben wird und bisher nur die Zahlen für 2008, 2013 und 2018 vorliegen, nicht aber die für 2023.

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