Sozialprogramm verabschiedet
Von Thorben Austen, QuetzaltenangoGuatemalas sozialdemokratische Regierung hat einen wichtigen Erfolg erreicht. Am Ende einer stundenlangen Parlamentsdebatte stimmten am Dienstag 111 Abgeordnete für die Erweiterung des Haushalts um 14,45 Milliarden Quetzales (etwa 1,69 Milliarden Euro). Die Gelder sollen unter anderem für Bildung, Sicherheit und Ernährungssicherheit verwendet werden.
Präsident Bernardo Arévalo hatte seit Monaten im Parlament um diese Haushaltserhöhung gekämpft, bislang hatten ihm die Abgeordneten die Zustimmung verweigert. Auch am Dienstag konnte erst nach stundenlanger Debatte nach Mitternacht die Zweidrittelmehrheit im 160köpfigen Parlament erreicht werden, nötig waren mindestens 107 Stimmen. Die Zustimmung ging quer durch alle Lager, neben den auf Grund der Suspendierung der Partei als »Unabhängige« geführten Abgeordneten von Semilla stimmte Sonia Gutiérrez, die einzige Abgeordnete der linken Allianz URNG/Winaq, mit Ja, aber auch zahlreiche Abgeordnete der nominell sozialdemokratischen UNE und der rechten Partei Valor. Die Mehrheit der Neinstimmen kam von den Abgeordneten der rechten Partei Vamos des ausgeschiedenen Präsidenten Alejandro Giammattei. Für Unverständnis sorgte in Guatemala, dass auch die Abgeordneten der Partei VOS, die dem progressiven Spektrum zugerechnet wird, mit Nein stimmten.
Währenddessen geht die juristische Verfolgung Semillas weiter. Ebenfalls am Dienstag wurde die ehemalige Semilla-Abgeordnete Ligia Hernández festgenommen. Sie ist aktuell Direktorin beim Instituto de las Victimas, einer beim Strafgericht angesiedelten Instanz der Regierung zur Begleitung von Gewaltopfern, die seit 2020 besteht. Hernández werden von der Sonderstaatsanwaltschaft gegen Straffreiheit (FECI) Vergehen in Zusammenhang mit dem Fall »Korruption Semilla Phase II« vorgeworfen. Laut Staatsanwaltschaft soll es um nicht registrierte Wahlkampfmittel gehen, die Vorwürfe gehen zurück auf die erste Kandidatur von Semilla zu den Parlamentswahlen 2019.
Die FECI war in den vergangenen Jahren führend an der Verfolgung von Juristen, Journalisten und der Partei Semilla beteiligt. Immer wieder trat als Nebenkläger bei Anklagen die ultrarechte »Stiftung gegen den Terrorismus« auf. Deren Vorsitzender Ricardo Méndez Ruiz veröffentlichte in sozialen Netzwerken am Mittwoch Fotos, auf denen steckbriefartig neben Arévalo, Semilla-Fraktionschef Samuel Pérez und weiteren Abgeordneten auch Hernández zu sehen ist. Ihr Foto ist durchgestrichen, daneben kommentierte der Vertreter der Ultrarechten: »In Erinnerung an nicht so alte Zeiten: Die erste ist dran.«
Kritik an Arévalo gibt es auch aus den Reihen der Verbündeten: Die indigene Verwaltungsstruktur »48 Kantone« aus Totonicapán, im vergangenen Jahr einer der zentralen Akteure der Proteste, die Arévalos Amtsantritt ermöglichten, organisierte am Mittwoch eine Kundgebung in der Hauptstadt. Kritisiert wurden die schleppende Entwicklung bei Gesundheit und Bildung, unzureichender zweisprachiger Unterricht und die hohen Lebenshaltungskosten. Arévalo müsse »mutiger« seine Agenda umsetzen, hieß es in den Medien.
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