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Aus: Ausgabe vom 17.08.2024, Seite 8 / Ansichten

Kein Licht in Sicht

Nahostverhandlungen in Doha
Von Knut Mellenthin
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Die Verhandlungen befinden sich an einem »toten Ende« (Tel Aviv, 15.8.2024)

Die neue Verhandlungsrunde über einen Gefangenenaustausch zwischen Israel und der Hamas und über einen Waffenstillstand im Gazastreifen hatte »einen vielversprechenden Start«, behauptete der Sprecher des US-Präsidenten, John Kirby, am Donnerstag. »Die Vermittler«, das sind neben Ägypten und Katar kurioserweise auch die komplett parteiischen USA, hätten es geschafft, »einige Abstände zu verringern« – »die verbleibenden Hindernisse können überwunden werden«.

Inhaltlich gab Kirby zum angeblich Geschafften und zum noch zu Bewältigenden keine Auskünfte. Darin besteht ja gerade die hohe Kunst der »öffentlichen Diplomatie«, und deshalb glauben so viele Menschen, sie verstünden nichts von Politik – oder misstrauen ihr grundsätzlich.

Die Gespräche in Doha, der Hauptstadt Katars, wurden am Freitag fortgesetzt und beendet. Über Ergebnisse war bis jW-Redaktionsschluss immer noch nichts bekannt. Die Runde der Teilnehmer war beeindruckend und aussagekräftig: David Barnea repräsentierte den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad, Ronen Bar den Inlandgeheimdienst Schin Bet und ein Frontkommandeur mit langer Laufbahn, Nitzan Alon, die Streitkräfte. Er leitet seit Oktober 2023 eine Abteilung der militärischen Aufklärung, die die Aufenthaltsorte und Lebensumstände der in den Gazastreifen Entführten zu ermitteln versucht. Für die USA war CIA-Chef William Burns zusammen mit dem Koordinator des Nationalen Sicherheitsrats der USA für Mittelost und Nordafrika, Brett McGurk, nach Doha geflogen. Der oberste »Vermittler« aus Kairo, Abbas Kamal, ist zugleich Chef des ägyptischen Geheimdiensts. Über die schwierigen Themen verhandeln also Geheimdienstchefs und Militärs, nicht Politiker. Das ist, wenn man die Kompetenz und Intelligenz vieler Politiker betrachtet, vielleicht nicht einmal das Allerschlimmste.

Ein schlechtes Zeichen war jedoch, dass von der Hamas niemand dabei war. Die wichtigste Organisation des palästinensischen Widerstands hatte ihre Nichtteilnahme mit der Forderung begründet, nicht nach dem Diktat Benjamin Netanjahus zu verhandeln, sondern auf der Grundlage eines Vorschlags, den Joseph Biden am 31. Mai vorstellte und den die Hamas damals akzeptiert hat. In der Zwischenzeit hat Israel den damaligen politischen Verhandlungsführer der Hamas, Ismail Hanija, gezielt ermorden lassen.

Das Fehlen von Hamas bei den Verhandlungen sei nicht schlimm, tröstete Kirby am Donnerstag, denn ihre Vertreter in Doha würden anschließend informiert. Wie er auf dieser Basis von einem »vielversprechenden Start« sprechen konnte, ist allerdings schleierhaft. Trotzdem ist der Sachverhalt einfach: Hamas will ein Ende des Krieges, die israelische Regierung aber will nur eine Pause, nach der sie ihr immer wieder offen erklärtes Ziel – die »Ausschaltung«, »Vernichtung«, »Zerstörung« und »Ausrottung« der Hamas – weiterbetreiben kann. Das geht mit tödlicher Sicherheit nicht zusammen.

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