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Aus: Ausgabe vom 17.08.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Konjunktur

Der Champion rappelt sich

Chinas Volkswirtschaft legt trotz bestehender Probleme wieder stärker zu
Von Klaus Fischer
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»Im Allgemeinen stabil«: Hafenwirtschaft in Ningbo

Gut fünf Prozent höhere Industrieproduktion, steigende Ex- und Importe und eine Senkung der Jugendarbeitslosigkeit: Chinas Volkswirtschaft hat im Juli ihren allmählichen Aufwärtstrend fortsetzen können. Am Donnerstag gab die Statistikbehörde in Beijing Kennzahlen zur Entwicklung im ersten Monat des dritten Quartals bekannt. Sie fielen nicht so gut aus, wie erhofft. Aber im Vergleich mit den globalen Hauptkonkurrenten USA und EU muss sich die Volksrepublik nicht verstecken.

Offiziell bekam das Ergebnis von Juli vom Statistikamt das Prädikat »im Allgemeinen stabil« verliehen. Stabil nach oben ging es vor allem bei den für das Land besonders wichtigen Indikatoren Exportwirtschaft und Einzelhandelsumsatz. Die Ausfuhren stiegen im Jahresvergleich um 6,5 Prozent. Auch die Einfuhren legten zu, und zwar um 6,6 Prozent. Als Saldo verblieb der erwartete – und volkswirtschaftlich durchaus problematische – Handelsbilanzüberschuss von umgerechnet rund 76,4 Milliarden Euro.

Problematisch hatte sich zuletzt die Inlandskonjunktur des Riesenlandes mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern entwickelt. Die lange gewohnten zweistelligen Zunahmen beim privaten Konsum waren in den zurückliegenden Jahren erheblich geschrumpft. Es stieg die Neigung großer Teile der Bevölkerung zum Sparen – ein Zeichen von Verunsicherung, interpretierten westliche Kommentatoren. Allerdings wohl eher ein Zeichen von Rationalität. Auch im Juli legte der Einzelhandelsumsatz bei Konsumgütern nur leicht um 2,7 Prozent im Jahresvergleich zu – aus Sicht von Staat und Partei zu wenig.

Nach wie vor belasten auch Folgen der Covid-Krise – der in der Volksrepublik mit rigiden Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionen begegnet worden war – die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Auch die seit längerer Zeit schwelende Krise am nationalen Immobilienmarkt gilt als Bremsfaktor für die zuvor über zwei Jahrzehnte hinweg extrem boomende chinesische Wirtschaft. Trotz permanenter Regulierungsbemühungen der Zentralregierung gilt dieser Markt weiterhin nicht als stabilisiert.

Das ist nicht zuletzt ein Resultat der Überhitzung des Marktes – und des Aufeinanderprallens unterschiedlicher Interessen von Zentralstaat, Provinzregierungen, lokalen Behörden, Mietern, Wohnungssuchenden, Eigentümern, potentiellen Käufern, Banken usw. So verfügte Beijing beispielsweise 2020 eine Beschränkung bei der Kreditbeschaffung. Das führte u. a. zu Zahlungsausfällen. Bauprojekte wurden gestoppt und mögliche Wohnungskäufer hielten sich plötzlich zurück. Bis heute droht vielen Immobilienentwicklern und Baukonzernen die Pleite – was nicht im Interesse der Gesamtwirtschaft liegt.

Die konstruktiven wie destruktiven Kräfte kapitalistischen Wirtschaftens haben dem Land, gepaart mit zentralen Lenkungsversuchen, viel Wohlstand und einen Spitzenplatz in der Weltpolitik eingebracht. Dennoch gibt es immer wieder Rückschläge. So war beispielsweise die Jugendarbeitslosigkeit (16- bis 24jähriger) 2023 auf knapp über 20 Prozent angestiegen. Im Juli wurden 17,1 Prozent gemessen und Studierende aus der Berechnung genommen. Allerdings sind diese Zahlen nur auf Städte bezogen und weiterhin viel zu hoch.

Unter dem Strich hat die Politik der KP Chinas das Land trotz aller Probleme zur wichtigsten Industriemacht der Welt aufsteigen lassen. Die Wirtschaftsleistung, berechnet nach Kaufkraftparität, liegt schon seit Jahren vor der USA – was den schon mehr als latenten Wirtschaftskrieg, den Washington gegen China führt, weiter verschärft hat.

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  • Leserbrief von Aritsch, W. (17. August 2024 um 12:11 Uhr)
    Sehr geehrter Herr Fischer, ich möchte Sie auf das Interview von Sandra Navidi, bei ntv hinweisen, wo sie kurz ausführt, wie Amerika und die Welt sein werde, wenn Trump und Musk die Wahlen gewinnen würden. Es könnte ein Zustand sein, den Marx voraus sah, dass der Kapitalismus an seinen Krisen zu Grunde gehe? MfG

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