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Aus: Ausgabe vom 17.08.2024, Seite 3 (Beilage) / Wochenendbeilage

Kleiner Wackler in der FAZ-Front

Von Arnold Schölzel
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Wackelt die FAZ-Redaktionsfront im Ukraine-Krieg? Nach den Berichten über die ukrainische Spur zu den Attentaten auf die Ostseepipelines am 26. September 2022 schreibt jedenfalls Reinhard Veser in der Donnerstagausgabe, die Ermittlungen hätten »das Zeug zum politischen Sprengstoff«. Denn, behauptet er naseweis: Sollte sich der Verdacht auf ukrainische Täter erhärten, »wären Verwerfungen zwischen Berlin und Kiew die Folge.« Es sei denn, lässt sich ergänzen, die Chefs auf beiden Seiten wären informiert. Veser aber wird kohlhaasmäßig prinzipiell: »Denn ganz gleich, für wie politisch fatal man den Bau von Nord Stream hält: Ein Sprengstoffanschlag muss verfolgt werden. Politische Erwägungen dürfen dabei keine Rolle spielen.« Das wird der Generalbundesanwalt sicher beherzigen, vor allem, da es allerhand Mühe gekostet hat, den Haftbefehl gegen den in Polen lebenden verdächtigen Ukrainer so zuzustellen, dass der unbehelligt in seine Heimat verschwinden konnte. Veser aber verrennt sich endgültig im Gerechtigkeitsfuror und drischt auf die polnische Justizwirtschaft ein: »Hätten Geheimdienste des NATO-Partners Polen tatsächlich einen Anschlag auf ein Objekt der deutschen Infrastruktur gedeckt, wäre das ein Skandal.« Falls das jemand an der Weichsel zur Kenntnis nehmen sollte: Selten so gelacht.

Am Freitag rückt Redakteur Reinhard Müller aber auf Seite eins der FAZ alles wieder ins rechte Lot und schreibt zu der russischen Röhre: »Im Eigentum eines russischen Staatskonzerns stehend und auch zum Moskauer Angriffskrieg gegen die Ukraine beitragend, lässt sie sich auch auf hoher See als legitimes Ziel betrachten.« Übersetzt: Veser! Die Devise heißt hier drauf und dran – und nicht wegen Spitzfindigkeiten den Krieg vermasseln.

Und wenn das Wall Street Journal den Boss in Kiew bezichtigt, im Suff oder sonstwie zugedröhnt die Sprengung bestellt zu haben, dann gilt: »Sollte der ukrainische Präsident oder ein anderer Befehlshaber sie in Auftrag gegeben haben, so kann man darin auch eine völkerrechtlich zulässige Verteidigungshandlung sehen.« Dann schimmert aber selbst beim juristischen Haudegen Müller so etwas wie Mäkelei am Kiewer durch: »Das schließt natürlich die Pflicht auch aller Verbündeten ein (die im übrigen das Recht haben, der überfallenen Ukraine jederzeit auch mit eigenen Soldaten zu Hilfe zu eilen), darauf zu achten, dass auch ein Verteidigungskrieg ein rechtmäßiger bleibt, indem er nur mit erlaubten Mitteln und auf zulässige Weise geführt wird.« Was soll das? Ein Attentat gegen Russland, bei dem »wir« nur »Kollateralschaden« sind, nicht erlaubt? Müller nimmt das sofort zurück und beteuert, bei der Ukraine bestehe da kein Problem.

Er will vor allem loswerden: »In solchen extremen Lagen erweist sich der Wert der westlichen Wertegemeinschaft.« Auch beim Erzeugen von Gasblubber in der Ostsee offenbar. Müller geht es aber um etwas anderes. Er doziert: »Der Zweck heiligt eben nicht jedes Mittel – das gilt auch für das ebenfalls in einem Existenzkampf steckende Israel. Die Bindung an Menschenrechte auch im Kampf gegen jene, die sich nicht darum scheren, macht den entscheidenden Unterschied aus.« An dem Tag, an dem das geschrieben wurde, werden in Gaza erstmals mehr als mindestens 40.000 Tote gezählt, zum größten Teil Frauen, Minderjährige und Ältere – »jene, die sich nicht darum scheren.« Um Menschenrechte und die westliche Wertegemeinschaft nämlich.

Die Ansichten des Internationalen Gerichtshofes oder des Anklägers beim Internationalen Strafgerichtshof interessieren den FAZ-Kronjuristen hier kaum, die Opfer der israelischen Kriegführung demzufolge erst recht nicht. Ein Repräsentant der Wertegemeinschaft.

Die Ansichten des Internationalen Gerichtshofes oder des Anklägers beim Internationalen Strafgerichtshof interessieren den FAZ-Kronjuristen hier kaum, die Opfer der israelischen Kriegführung demzufolge erst recht nicht. Ein Repräsentant der Wertegemeinschaft.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (18. August 2024 um 22:01 Uhr)
    Journalisten aller Couleur leben von ihren Veröffentlichungen, denn es werden keine Nachrichten mehr gewünscht, sondern nur noch Narrative. Wir Leser sollten diesen Erzählungen daher keine übermäßige Bedeutung beimessen. Vielmehr verfolgen wir irreführend Berichte über Ermittlungen, die weder Beweise noch gerichtliche Urteile vorweisen können, und verlieren uns in Spekulationen. Obwohl ich, wie aus meinen Leserbriefen hervorgeht, nicht viel von der Ukraine als Staatsgebilde halte, bin ich zutiefst empört darüber, dass die »Großen«, die dieses arme Land sinnlos ausbluten lassen, nun auch die Sprengung der Gaspipeline ihr in die Schuhe schieben wollen. Die Ukraine hatte schon damals wichtigere Aufgaben zu lösen, als sich mit einer derartigen Tat direkt und allein zu beschäftigen! Auf diese Weise werden die wahren Spuren für immer verwischt, und Deutschland, das geschädigte Land, spielt dabei mit. Das ist eine Unverschämtheit.

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