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Aus: Ausgabe vom 19.08.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Arbeitskampf

Einigung für britische Lokführer

Arbeitskampf der Gewerkschaft ASLEF nach mehr als zwei Jahren vor Ende
Von Dieter Reinisch
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»Weitere Kämpfe«: ASLEF-Streikankündigung bei London North Eastern Railway (16.8.2024)

Der Arbeitskampf der britischen Lokführer scheint nach mehr als zwei Jahren zum Ende zu kommen. Die Gewerkschaft ASLEF hat ihren Mitgliedern empfohlen, ein verbessertes Angebot der Regierung anzunehmen. Darren Jones, Chefsekretär des Finanzministeriums, bewerte die Einigung am Donnerstag gegenüber der Agentur PA als »guten Deal für den Steuerzahler«. ASLEF-Generalsekretär Mick Whelan geht laut labourlist.org davon aus, dass die Mitglieder das Angebot annehmen werden und damit den im Juni 2022 begonnenen Arbeitskampf beenden.

Die von der Regierung als »großer Durchbruch« gefeierte Einigung sieht Gehaltserhöhungen von fünf Prozent für 2022/23, 4,75 Prozent für 2023/24 und 4,5 Prozent für 2024/25 vor. Der Deal wird nun den ASLEF-Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegt. Whelan sagte, die Entscheidung sei den Arbeitern vorbehalten, aber »nach dem Feedback, das ich bisher von meinen Vertretern erhalten habe, glaube ich, dass es durchgehen wird«. Kurz nach der Einigung hatte der Gewerkschaftsboss am Mittwoch abend betonte, das Abkommen sei »ohne weitere Bedingungen« getroffen worden. Es gebe also auch »kein Aufweichen unserer Bedingungen«. Bahnunternehmen hatten zuvor Änderungen der Arbeitsverträge als Bedingung für Lohnabschlüsse gefordert, darunter die Wiedereinführung von Teilzeitverträgen. Dazu dürfte es nun nicht mehr kommen.

Die Gewerkschaft ermutigt ihre Mitglieder, den Deal anzunehmen. Whelan sagte gegenüber dem Sender LBC, dass im Gegensatz zur konservativen Vorgängerregierung »Labour an den Verhandlungstisch gekommen ist und sehr, sehr schnell mit uns gesprochen hat. Sie wollen die Eisenbahnen für die Reisenden, die Steuerzahler und die Menschen, die tatsächlich in der Branche arbeiten, besser machen. Darum konnten wir eine Einigung erzielen.«

Mehr als ein Dutzend Bahnunternehmen waren in den vergangenen beiden Jahren von den Streiks der Lokführer betroffen. 18mal legten diese die Arbeit nieder. Dazu kamen Überstundenboykotts. Whelan gestand ein, dass die neue Regierung nicht all seinen Forderungen nachgegeben habe: »Wir wollten einen besseren Deal, der die hohe Inflation besser ausgeglichen hätte«, erklärte er gegenüber der BBC.

Nach dem Amtsantritt der neuen Labour-Regierung begannen hochrangige Beamte im Juli direkte Gehaltsverhandlungen mit ASLEF. Zuvor hatte sich die konservative Regierung geweigert, mit den Gewerkschaften direkt zu verhandeln, und sich durch die Rail Delivery Group vertreten lassen. ASLEF hat eigenen Angaben zufolge mehr als 21.000 Mitglieder und vertritt 96 Prozent aller Lokführer in England, Schottland und Wales.

In dieser Woche wird auch die Eisenbahngewerkschaft RMT neue Gehaltsverhandlungen mit dem Verkehrsministerium aufnehmen. Im Rahmen eines im vergangenen November ausgehandelten Deals wurde RMT-Mitgliedern eine rückwirkende Gehaltserhöhung von fünf Prozent für 2022/23 angeboten. RMT-Chef Mick Lynch sagte der Times am Freitag: »Alles deutet darauf hin, dass man uns dieselben Bedingungen wie ASLEF anbieten wird.« Er fügte hinzu, es könne »Probleme« geben, wenn dies nicht der Fall sei, und drohte mit neuerlichen Arbeitskämpfen seiner Gewerkschaft.

Trotz der Einigung bei ASLEF kündigte die Gewerkschaft am Freitag weitere Kämpfe bei anderen Unternehmen an. So werden die Lokführer des verstaatlichten Unternehmens London North Eastern Railway (LNER) im September und Oktober jedes Wochenende und im November an zwei Wochenenden streiken, um den Druck wegen der stockenden Lohnverhandlungen zu erhöhen.

In einem weiteren Arbeitskampf wird derzeit über Streiks der Lokführer der staatlichen Scotrail in Schottland abgestimmt. Hier stecken die Lohnverhandlungen fest. Labour hat angekündigt, in den kommenden fünf Jahren nahezu den gesamten privatisierten Schienenpersonenverkehr wieder zu verstaatlichen.

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