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Aus: Ausgabe vom 19.08.2024, Seite 10 / Feuilleton
Kulturlandschaft

Sommerliche Schlössertour: Merseburg

Von Bernhard Spring
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»Und der Rabe sitzt noch immer«: Rabenkäfig in Merseburg

Das Merseburger Schloss ist schnell durchschritten. Die dreiflügelige Anlage bietet ein Museum für Feuerzeuge und Glasperlarbeiten und einen materialistischen Schnelldurchlauf durch die sehr kurze Zeit, in der hier die Herzöge von Sachsen-Merseburg residierten. Architektonisch gibt es eher wenig zu bestaunen, aber das Ambiente ist stimmig und sehr lauschig.

Sehenswert ist der angrenzende Dom mit Fürstengruft, der weitläufige Schlossgarten und – etwas versteckt – der über mehrere Terrassen angelegte Klostergarten. Das kann man sich mal anschauen, aber auch in ähnlicher Form in den Schlössern von Weißenfels (mit Schuhmuseum) oder Zeitz (mit Kinderwagenmuseum) finden.

Was das Merseburger Schloss so einzigartig macht, ist, dass hier nicht wie beispielsweise in Bernburg noch Bären im Zwinger gehalten werden, sondern Raben. Schuld ist eine alte Sage, wonach der Bischof seinen Diener köpfen ließ, weil er ihn für einen Dieb hielt. Jahre später fand sich der vermisste Siegelring in einem Rabennest. Zur Strafe wurde nicht der Bischof wegen eines Fehlurteils in die Uckermark versetzt oder der Rabe wie der einstige Diener geköpft. Nein, er wurde zur Erinnerung an das vorschnelle Urteil eingesperrt.

Seitdem lebt also der Rabe im Käfig. In früheren Jahren gab es Probleme mit dessen Sicherheit. Fuchs und Marder kamen trotz zahlreicher baulicher Nachrüstungen immer wieder in den Käfig und verspeisten das Symboltier. Der Käfig stand dann mitunter ziemlich lange leer – und wäre es wohl noch heute, wenn der Tierschutz sich durchgesetzt hätte. Aber ein Erweiterungsbau und eine Artgenossin haben das Leben des Merseburger Raben offenbar erträglich genug gemacht.

Eingesperrt mit der eigenen Frau – nun ja, diese Merseburger Geschichte muss erst noch geschrieben werden. An manchen Tagen ist es sicher nicht schlecht, quasi ohne Ablenkung die Zeit miteinander zu verbringen. An anderen Tagen – wünscht man sich wohl auch mal einen Fuchs herbei. Für sich selbst, für das Weibchen: Je nach Stimmungslage …

»Aber das sind doch zwei Männchen!«, erklärt jemand. Eine ältere Frau schüttelt den Kopf. »Sogar hier müssen sie das so machen!«, ruft sie empört. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (18. August 2024 um 22:01 Uhr)
    Gibt es nur Schlösser im Sommer? Im April war ich – viel zu kurz – im Harz. Da gibt es nicht nur vertrocknete Feudalgebäude und Fichten, sondern auch Technik: https://www.halberstadt.de/de/sonderfuehrungen-tourismus/bikeschmiede-zilly-das-technikmuseum-im-harz.html

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