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Aus: Ausgabe vom 19.08.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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»Scheunentor für Relativismus«

Zu jW vom 12.8.: »Vernunft im Plural«

Der Artikel lässt erahnen, dass durch die sogenannten postmodernen Theorien ein Scheunentor für Relativismus, Skeptizismus und Subjektivismus aufgestoßen wird. Ihr Geleiere von »Diskursen«, »Performation« und dergleichen trägt die idealistische Grundstimmung, die Welt auf den Kopf zu stellen. Vernunft im Plural, alternative Fakten und Fake News sind die Folge dessen.

Leider finden diese Theorien gerade auch in der studentischen, akademischen »Linken« nicht wenig Zuspruch und sind damit Türöffner für die neoliberalen Ideen der herrschenden Klasse.

Lenin hat in »Materialismus und Empiriokritizismus« (LW, Band 14), praktisch im voraus, schon einige gute Widerlegungen abgegeben. Erfrischend klar dazu auch die Schriften der Prolos/Nürnberg: »Gegen die neoliberalen Ideologien und Ideologisches Counterinsurgency«, die nicht nur den idealistischen Charakter dieser Ideologien herausarbeiten, sondern auch zeigen, dass die herrschende Klasse diese Theorien bewusst fördert, um Verwirrung zu stiften und somit konkret konterrevolutionär wirksam wird.

Dieter Crusius, Nürnberg

Antifarecherche

Zu jW vom 15.8.: »›Traditionserlass‹ doch ohne Wehrmacht«

Es war ein Erfolg, an dem die nordrhein-westfälischen Antifaschisten mitwirkten. Ich meine das Resultat der Enthüllungsaktionen gegen die Traditionsverbände der Gebirgsjäger in Mittenwald. Ermittelt wurden von 2002 bis 2008 fast 120 ehemalige Wehrmachtssoldaten, die an Kriegsverbrechen teilgenommen hatten und später in der Bundeswehr dienten. Sie gehörten zu den schätzungsweise insgesamt eintausend Kriegsverbrechern der Wehrmacht, gegen die ermittelt wurde und die dennoch straffrei blieben infolge des Schutzes der Bundeswehr. (Insgesamt hatte die Bundeswehr 40.000 Soldaten der Wehrmacht »übernommen«.)

Die VVN-BdA und der Arbeitskreis »Angreifbare Traditionspflege« glichen die Unterlagen des Bundesarchivs mit denen des Kameradenkreises Gebirgstruppe ab und konnten zahlreiche Anzeigen erstatten, die jedoch wegen Verjährung nicht zum Ziel führten. Ich erinnere daran, weil der neuste »Traditionserlass« der Bundeswehr ausdrücklich die Leistungen der Bundeswehr-Angehörigen würdigt, die ehemalige Wehrmachtssoldaten waren. Ja, die waren kriegstüchtig!

Darunter war einer, der uns antifaschistischen Rechercheuren gegenüber seine Mitwirkung an den Morden zugab: Es sei »wie Grasmähen gewesen«, was er mit dem MG machte, dessen Lauf er beim Schießen auf die Frauen und Kinder von Kommeno hin und her schwenkte. Gut, dass in der Erklärung der DKP auf den Skandal der Ehrung dieser Kriegsverbrecher hingewiesen wurde. Diese werden als Vorbilder dargestellt. Wir wissen nun noch genauer, was gemeint ist, wenn von »Kriegstüchtigkeit« gesprochen wird.

Ulrich Sander, Dortmund

Aus der Versenkung

Zu jW vom 14.8.: »Die gefährlichste Lage«

Neben dem Zweiteiler des DFF von 1986 über Ernst Thälmann produzierte das Defa-Studio für Dokumentarfilme 1986 einen 90minütigen Dokumentarfilm über sein Leben und Wirken.

Unter der Regie von Rolf Schnabel entstand »Ernst Thälmann – Deutschlands unsterblicher Sohn«, der im DFF erst am 12. April 1989 seine Aufführung hatte. Gedreht wurde u. a. an zahlreichen Orten in der DDR und der BRD, wo Thälmann sich in den 30er Jahren aus Anlass der Reichstagswahlen aufgehalten hatte und auch auf zahlreichen Kundgebungen sprach. Ziel war es, einen dokumentarischen Abriss seiner Lebensgeschichte zu zeigen. Das Filmprojekt war anfänglich als Notreserve des DFF entstanden, falls der Spielfilm nicht zur Aufführung gelangen sollte, da das Projekt von Anbeginn an viele Hindernisse zu überwinden hatte, dabei die Leitung des Drehkollektivs ausgewechselt wurde und die Produktion sich damit übermäßig lang hinzog. Unter der Leitung von Erich Selbmann, stellvertretender Vorsitzender des Staatlichen Komitees für Fernsehen und Leiter des Bereichs Dramatische Kunst, der schon Drehbuchautor des Films »Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse« war und den Autoren zur Seite gestellt wurde, konnten dann die Filme endlich fertiggestellt werden und zur Aufführung gelangen.

Der Dokfilm von Schnabel versank nach seiner Fertigstellung in der Versenkung. Erst auf Intervenieren seitens Schnabels beim Politbüro der SED – die Entscheidung traf Erich Honecker persönlich, so die Aussage von Schnabel – kam er im April 1989 anlässlich des Thälmann-Geburtstages ins Fernsehen der DDR, und die Macher erfuhren noch eine späte Würdigung.

Michael Polster, per E-Mail

Sozialer Wohnungsbau?

Zu jW vom 15.8.: »Direkt in die Mieterhöhung«

Die Subjektförderung des bedürftigen Mieters ist stets eine Förderung der Vermieter. Auch wenn es dem einzelnen Mieter dient, führt das insgesamt natürlich zu einer Erhöhung des Mietniveaus. Deshalb ist die Objektförderung der Subjektförderung vorzuziehen.

Objektförderung bedeutet, dass der Staat oder die Genossenschaften dauerhaft im Mietpreis gesenkte Wohnungen bauen und besitzen. Das, was heute unter sozialen Wohnungsbau firmiert, ist in Wirklichkeit die Zahlung einer Subvention an einen privaten Hausbesitzer, der dafür eine begrenzte Zeit lang den Gegenwert der Subvention in eine Mietermäßigung umwandelt. Da der soziale Wohnungsbau stark zurückgegangen ist und viele Wohnungen aus der Förderung auslaufen, geht trotz spärlichen Neubaus von Sozialwohnungen die Zahl der Sozialwohnungen Jahr für Jahr drastisch zurück. Das ist spätestens seit den 80er Jahren in Westdeutschland und 1990 im anderen Teil mit voller Absicht genauso betrieben worden. In meiner Heimat in Freiburg im Breisgau kostet selbst eine Dreizimmerwohnung im Besitz der Genossenschaft schon zwischen 1.000 und 1.500 Euro pro Monat warm. Das entspricht etwa dem Nettomindestlohn einer Person pro Monat.

Peter Kraus, Freiburg

Leider finden postmoderne Theorien gerade auch in der studentischen, akademischen »Linken« nicht wenig Zuspruch und sind damit Türöffner für die neoliberalen Ideen der herrschenden Klasse.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!