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Aus: Ausgabe vom 20.08.2024, Seite 10 / Feuilleton
Rock

Ein Tag im Studio

Macht Mut: »Another Day«, das neue Album von Fucked Up ist draußen
Von Norman Philippen
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Oder an der frischen Luft: Fucked-Up-Sänger Damian Abraham

Nach bestem Einstand in den nullern haben die mich ein gutes Jahrzehnt null interessiert. Bin zwar nicht wie die Dame, die ich bis gestern zu Besuch hatte. Die der Meinung ist, über drei Minuten pro Song gäbe es musikalisch nix zu sagen und holen. Aber die Konzeptalbumkotze mit Songs bis zu 20 Minuten mit Namen wie »Year of the Pig« z. B.: bähhh!

So trieb die Intuition die Intention, Neuestes von Fucked Up mal als Rezensionsopfer der jW anzumelden. Die Dreiminutenfrau, Grüße an Alex, hatte, hallo Thomas, auch ihren manisch musikinteressierten Mann Thomas mitgebracht. Und der war sich mit mir voll einig, dass der erste Track »Face« gleich mal ganz gut klang. »Go, go, go, go …«, ich mag das immer, wenn Bands zum Gehen aufrufen. Gesund ist’s allemal, und bleiben kann man immer noch hinterher. Thomas und ich blieben trotzdem. Und wurden uns einig: Erster Song großartig – wobei Thomas die Band gar nicht kannte. Song zwei sehr gut, auch so, wie ich der Band zweite Hälfte der nuller lieben lernte – Druck, Verzweiflung, Wut, Druck, bisschen Kunst, Hass, Wut, mehr Druck, und immer diese Man-könnte-doch-wohl-wenn-man-nur-wöllte-Attitüde: Das macht Wut. Macht Mut. Und das klingt für zehn Minuten sehr gut.

Auch der Rest klingt annehmbar, und mit unter 40 Minuten für zehn Songs ist es denn auch Fucked Ups – gute Entscheidung – kürzestes ganzes Album. Denn, ich muss euch das jetzt mal so sagen, liebe Abgefuckte: Wer zu hoch und nah an die Sonne … Und so, ihr wisst Bescheid.

Ab der Hälfte von »Another Day« wird’s wieder schwierig und schlägt der Artyfartyteufel zu kräftig zu. Für ein Album, das angeblich aber während eines Tages im Studio entstand, ist es nicht weniger als eine Wucht. Das sei einmal klar gesagt. Und die stetig wachsende Verwendung von (Trash-)Metal-Parts im Punk/Hardcore: Ich mag’s. Sehr.

So bleiben vier sehr gute, zwei ganz gute, vier kaum funktionierende Songs auf »Another Day«. Finde jedenfalls ich, dem nicht zu trauen ist, weil: warum auch? Eben. Da ich es aber stets gut meine mit euch: Die Band Fucked Up aus Toronto, Kanada, hört sich für eine Viertelstunde fast so an wie damals, als ich mich in sie verliebte. Und was man vom Rest behaupten kann, hmmm, kann mindestens drei Songs ja keiner ahnnen, der/die die Platte arglos auflegt. Macht ja aber auch kaum mehr einer von euch inklusive mir mehr. Wer von euch noch immer die alte Plattensammlung hat, ist einfach noch nicht oft genug umgezogen.

Würde ich Platten noch sammeln, die neue von Fucked Up würde ich mitnehmen. Trotz, nein, wegen der Nichtabgemischtheit. Finales zur Platte: »Another day, another day, another day …«

Gut, vielleicht dies noch: Von »Parental Instinct«: »We are the ones that will burn it all down …« Macht das mal, liebe Papis, liebe Mamis. Aber immer darauf achten, dass sich eure Kids dabei nicht die Finger verbrennen wie der kleine Kotzbrocken, der zur Party zum vierzigsten meiner Frauki sich so benahm, dass man nur denken kann: Kinder cool, keine Kinder besser. Bleibt fucked up, vergesst nie eure Messer. Und anstatt »Tut mir leid«, fuck sie up, die Stresser.

Vorher und besser aber: Das wirklich sehr gute Album »Another Day« von Fucked Up hören! Meine Hand lege ich in Palmolive, sollte es kein gutes sein.

Fucked Up: »Another Day« (Fucked Up Records)

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